Page - 74 - in Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Image of the Page - 74 -
Text of the Page - 74 -
1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung
74
vor allem Landerer und Schuster leisteten. Prange nahm daher sogar an, dass
eine Begeisterung für Wagners Konzept bei Nietzsche nur „for fifteen months
rather than for the fourteen years as still widely believed“ bestanden hätte,
zumal schon dessen Hanslick-Lektüre „interest in musical formalism“ bezeuge
und als kritische Handlung gefasst werden müsse.289 Da Nietzsche Hanslicks
Argument aber nicht einfach kopierte, wie dies noch Egers Texte suggerie-
ren, sondern vielmehr eine ungemein produktive, aber keineswegs unkritische
Bezugnahme auf Hanslicks VMS-Traktat erfolgte, ist hier noch weitergehende
Forschungsarbeit durchzuführen.290
Aus der marginalen Forschung zur Hanslick-Rezeption wird also ersicht-
lich, dass noch eklatante Desiderate bei der wissenschaftlichen Wirkungsge-
schichte von Hanslicks VMS-Traktat bestehen. Wenn Deaville hierbei festhält,
dass eine umfassende Untersuchung von Hanslicks Bedeutung für „early twen-
tieth-century music aesthetics in German-speaking Europe“ noch immer feh-
len würde, ist das eine sehr bedachtsame Untertreibung. Die aktuelle Situation
ist mit der späteren Aussage, dass Hanslicks Wirkung auf spätere Autoren als
„terra incognita“ betrachtet werden müsste, sicherlich adäquater getroffen.291
Hier muss vielmehr nochmals betont werden, dass die Hanslick-Rezeption
ein lückenhaft erforschter Gegenstand ist, was angesichts der Reputation von
Hanslicks VMS-Traktat als „Epochenumbruch“ der Musikwissenschaft292
und als die „vielleicht bedeutendste, einflußreichste ästhetisch-theoretische
Schrift“293 überaus seltsam scheint. Wie bei der verzweigten Forschung zu
Hanslicks Vorläufern (Kap. 1.1) ist auch hier ein klarer Mangel an philologisch
verifizierten Ergebnissen festzuhalten, die die spezifische Beziehung der ver-
schiedenen Schriftsteller auf Hanslicks Argument faktisch verbürgen würden.
nirgends gefunden werden.
289 Martine Prange, „Was Nietzsche Ever a True Wagnerian? Nietzsche’s Late Turn to and
Early Doubt About Richard Wagner“, in NS 40 (2011), S. 43–71, hier S. 43f. Zu Pranges
Thesen vgl.: Christoph Landerer, „‚Dies ist alles sehr beängstigend‘. Nietzsche, Wagner,
Hanslick und die ‚jüdische Presse‘. Zu Martine Pranges Beitrag ‚Was Nietzsche Ever a
True Wagnerian‘“, in NS 41 (2012), S. 182–190.
290 Christoph Landerer, „Form und Gefühl in Nietzsches Musikästhetik“, in Nietzsche-For-
schung 13 (2006), S. 51–58, hier S. 58. Manos Perrakis war daher darum bemüht, die aus-
ufernden Kommentare zur ‚formalen Ästhetik‘ Nietzsches sukzessive abzubauen: Nietz-
sches Musikästhetik der Affekte, Freiburg/München 2011, S. 113. Siehe dazu aber auch:
Christoph Landerer, „Neue Arbeiten zu Nietzsches Musikästhetik“, in NS 41 (2012),
S. 482–488.
291 Deaville, „Through History“ (wie Anm. 29), S. 23 und 25.
292 Sponheuer, Kunst und Nicht-Kunst (wie Anm. 61), S. 7.
293 Steven Paul Scher, „Literatur und Musik: Entwicklung und Stand der Forschung“, in
Literatur und Musik. Ein Handbuch zur Theorie und Praxis eines komparatistischen Grenzgebietes,
hrsg. von Steven Paul Scher, Berlin 1984, S. 9–25, hier S. 16.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423