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3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986)
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Höchst selten und dann nur isolirt bringt die Natur einen Ton hervor, d.i. einen
Klang von bestimmter, meĂbarer Höhe und Tiefe. Töne sind aber die Grund-
bedingung aller Musikâ (VMS, S. 150). Doch eine Gleichsetzung von âtönendâ
mit âdiatonicâ und âtonalâ sorgt dafĂŒr, dass Hanslicks âFormenâ ihre akustische
Einbettung komplett verlieren, die im Original prominent mitschwingt.806
Wie Payzants ErklÀrung auf die Hanslick-Rezeption im englischen Sprach-
raum einwirkte, belegen Sparshott und Su Yin Mak, die die âtönend bewegten
Formenâ als âforms moving in terms of a tonal systemâ807 und als âforms (musi-
cal structures) articulated through the dynamic relationships of tonalityâ deu-
teten.808 Denn alle drei Elemente der âtönend bewegten Formenâ werden durch
Hanslick in den nÀchsten AbsÀtzen weitergehend konkretisiert:809 die beiden
letzten Begriffe mit den Gleichnissen von Kaleidoskop und Arabeske; âTönenâ
mit dem kritischen Einspruch gegen emotivistische Kunsttheorien sowie deren
âUnterschĂ€tzung des Sinnlichenâ,810 denn â[j]ede Kunst geht vom Sinnlichen
aus und webt darin. Die âGefĂŒhlstheorieâ verkennt dies, sie ĂŒbersieht das Hören
gĂ€nzlich und geht unmittelbar ans FĂŒhlenâ (VMS, S. 77).811
Wenn man wie Payzant die zweifache Bedeutung des âTönensâ von âFor-
menâ verkennt, ist die fortlaufend auftretende Missdeutung von Hanslicks
VMS-Traktat praktisch zwingend, die das Hanslickâsche Musikkonzept mit
dem analytischen Werkbegriff und dem gedruckten Notentext gleichsetzt.
Diese Lesart wird auch von Hanslick scheinbar bestÀtigt, der einmal bemerkt,
dass âfĂŒr den philosophischen Begriff das componirte TonstĂŒck, ohne RĂŒck-
sicht auf dessen AuffĂŒhrung, das fertige Kunstwerk istâ (VMS, S. 109). Die
bewusst benutzte Wendung âfĂŒr den philosophischen Begriffâ, die hier
eine methodische Eingrenzung kennzeichnet, wird aber kaum ausreichend
806 Panaiotidi, âAlexandr Mikhailovâ (wie Anm. 29), S. 91â93.
807 Francis E. Sparshott, âAesthetics of Music: Limits and Groundsâ, in Alperson, What is
Music (wie Anm. 638), S. 33â98, hier S. 72.
808 Su Yin Mak, âSchubert as Schillerâs Sentimental Poetâ, in ECM 4/2 (2007), S. 251â263,
hier S. 253. Vgl.: Alperson, âFormalism and Beyondâ (wie Anm. 351), S. 260.
809 DafĂŒr danke ich Christoph Landerer, der die immanente Erörterung dieser begrifflichen
Kombination in persönlichen Unterhaltungen akzentuierte. Vgl.: Landerer/Zangwill,
âMusical Essenceâ (wie Anm. 228), S. 489f.
810 Die Ăbersetzung von Rothfarb und Landerer (wie Anm. 742) fasst Hanslicks Leitspruch
als âsonically moved formsâ, was die akustische Komponente akzentuiert. Grey hat die
begriffliche Schwachstelle bei Payzant unlĂ€ngst ebenfalls angemerkt: âAbsolute Musicâ
(wie Anm. 449), S. 59. Vgl.: Landerer/Zangwill, âMusical Essenceâ (wie Anm. 228),
S. 489f.
811 Insofern erscheint es seltsam, dass Ahonen, welche davon ausgeht, dass eine musikalische
Komposition bei Hanslick nicht auf die notierte Struktur begrenzt werden könnte, sich
hier auf Payzants Vorschlag beruft, der von ihr wohl ohne angefĂŒgte ErklĂ€rung gelesen
worden war: Musical Communication (wie Anm. 239), S. 124.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423