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Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
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4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte, Vertreter 198 kann, sondern man braucht es nur, in so fern man es betrachten kann. […] Ein Ding kann also nicht deswegen schön sein, weil es uns Vergnügen macht, sonst müßte auch alles Nützliche schön sein; sondern was uns Vergnügen macht, ohne eigentlich zu nützen, nennen wir schön. […] Das heißt mit andern Worten: ich muß an einem schönen Gegenstande nur um sein selbst willen Vergnügen fin- den; zu dem Ende muß der Mangel der äußeren Zwekmäßigkeit durch seine innere Zwekmäßigkeit ersetzt sein; der Gegenstand muß etwas in sich selbst Vollendetes sein.967 Diese Zitate belegen plastisch, dass wichtige Aspekte von Kants Lehre ein au- tonomes Momentum entfalteten, das sich vom eigentlichen Hintergrund der Kant’schen Philosophie sehr bald löste. Hanslicks Hypothese, dass Schönheit keinen anderen Zweck als sich selbst hätte, könnte jeder zuvor genannten Text- quelle oder zahllosen verwandten Publikationen entstammen, die dem theore- tischen Bezugssystem von Kants Lehre fremd waren. Eine wesentlich plausib- lere Beziehung, die wohl nicht nur auf den damaligen ‚Zeitgeist‘ rekurriert, zeigt sich aber bei der Kant’schen Steigerung der kognitiven Betätigung im reflektierenden Geschmacksurteil, die die damalige Deutung von ‚reiner‘ Mu- sik als nur physische Stimulation verdrängte.968 Weil Kant die Schönheit des Kunstwerks auf dessen formale Struktur bezieht, wird eine kognitive Kom- ponente bekräftigt, da auch ‚reine‘ Musik nicht mehr passiv erlebt, sondern individuell konstituiert wird. Hanslick könnte diesen Einfall wohl auch von Michaelis bezogen haben, der ebenfalls vermeinte, dass Schönheit nur auf der „Komposition, also in der Form, nämlich der Melodie und Harmonie“ auf- baue.969 Insofern Michaelis seine Schrift Ueber den Geist der Tonkunst (1795–1800) jedoch selbst als die buchstäbliche Ausarbeitung von Kants Lehre sah – der Titel lautet weiter: mit Rücksicht auf Kants Kritik der ästhetischen Urteilskraft –, wäre eine mittelbare Herleitung weiterhin plausibel. Aber Kant hat die von 967 Karl Philipp Moritz, „Versuch einer Vereinigung aller schönen Künste und Wissenschaf- ten unter dem Begriff des in sich selbst Vollendeten“, in Berlinische Monatsschrift 5/1 (1785), S.  225–236, hier S.  227f. und 230f. Vgl.: Guyer, Experience of Freedom (wie Anm.  950), S.  141–144. 968 Eine sekundäre Beziehung von Hanslick, Schiller, Kant usw. sehen dabei etwa: Stollberg, Ohr und Auge (wie Anm.  248), S.  194f.; Theodore Gracyk, On Music, New York/London 2013, S.  23. Zum ‚stimulus model‘, das auf Descartes’ Philosophie beruht, siehe primär: Kivy, Music Alone (wie Anm.  414), S.  30–41. 969 Christian Friedrich Michaelis, Ueber den Geist der Tonkunst mit Rücksicht auf Kants Kritik der ästhetischen Urteilskraft. Ein ästhetischer Versuch, Leipzig 1800, Bd.  2, S.  29. Zu Hanslicks Kenntnis vgl.: VMS, S.  39. Zur Beziehung von Hanslick und Michaelis siehe etwa auch: Schmidt, „Hanslicks Formbegriff“ (wie Anm.  53); Seidel, „Ästhetik des Kunstwerks“ (wie Anm.  592), S.  76–82; Grimm, Prager Zeit (wie Anm.  16), S.  153–160. Vgl.: Wilfing, „Hanslick’s Kantianism?“ (wie Anm.  107).
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Re-Reading Hanslick's Aesheticts Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Title
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Subtitle
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Author
Alexander Wilfing
Publisher
Hollitzer Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-99012-526-7
Size
16.0 x 24.0 cm
Pages
434
Keywords
Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
Category
Biographien

Table of contents

  1. Danksagung 7
  2. Vorwort und Inhalte 9
  3. 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
    1. 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
    2. 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
    3. 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
    4. 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
    5. 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
    6. 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
  4. 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
    1. 2.1. Legendenbildung: die historische Wendung Hanslicks 86
    2. 2.2. Legendenbildung: die emotionale Wendung Hanslicks 98
    3. 2.3. Legendenbildung: die absolute Ästhetik Hanslicks 105
  5. 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
    1. 3.1. Die erste englische Übersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
    2. 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Übersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
    3. 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
    4. 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Übersetzung: Gurneys Power of Sound 146
    5. 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
    6. 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
  6. 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
    1. 4.1. Die Wiege des ästhetischen Formalismus? – Kants Kritik der Urteilskraft 183
    2. 4.2. Hanslick als Feindbild: Bell, Schenker und die ‚New Musicology‘ 205
    3. 4.3. Hanslick, der Formalist: adäquate Kategorie oder leerer Begriff? 230
  7. 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
    1. 5.1. Was ist analytische Musikästhetik? – Bestimmung, Entwicklung, Methodik 257
    2. 5.2. Musik, Gefühl, Gedanke – das kognitivistische Emotionskonzept 272
    3. 5.3. Enhanced Formalism – Hanslick, Davies, Kivy und die Kontur- Theorie 300
  8. Literaturverzeichnis
  9. Abkürzungsverzeichnis 329
  10. Quellentexte (Deutsch) 329
  11. Quellentexte (Englisch) 332
  12. Forschungsliteratur 333
  13. Namensindex 423
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