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5.1. Was ist analytische Musikästhetik? – Bestimmung, Entwicklung, Methodik
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weiterhin relevant waren.1376 Diese These lässt sich auch empirisch bestätigen:
T. J. Diffey etwa hat eine statistische Aufstellung der veröffentlichten Unter-
suchungen im British Journal of Aesthetics für die Jahre 1978–1989 vorgelegt, die
eine klar ausgeprägte Verschiebung der analytischen Kunsttheorie zu materia-
len Problemen nachweist.1377 Wenn dies auch nur als Stichprobe zu Tendenzen
der gewandelten Ausrichtung gefasst werden kann, weil etwa keine ästheti-
schen Monographien einbezogen werden, weisen Diffeys Zahlen trotz allem
einen Trend aus: Denn wenn jetzt einzelne Gattungen häufiger erörtert wer-
den – Musik, Literatur und visuelle Künste belegen die Plätze 6, 3 und 2 –,
werden früher zentrale Probleme wie ein ontologischer Kunstbegriff (Platz 11),
‚aesthetic experience‘ (Platz 13) oder auch ‚aesthetic concepts‘ (Platz 16) selte-
ner erforscht. Eine ähnliche Diagnose gilt auch für das Journal of Aesthetics, das
visuelle Künste auf Platz 1, Literatur auf Platz 2 und Musik auf Platz 5 einreiht,
während Abstrakta wie ontologische Definitionen (Platz 8), ‚aesthetic experi-
ence‘ (Platz 7) und ‚aesthetic concepts‘ (Platz 16) auf hintere Positionen rückten.
Auch Lamarque, der das British Journal of Aesthetics von 1995 bis 2008 edierte,
verwies auf den steigenden Prozentsatz von musikalischen Abhandlungen, der
von ihm auf die frühen 1980er datiert worden ist und unerwartet kam: „The
need has arisen to turn down papers on music just for the sake of balance in the
journal.“1378 Davies und Alperson ordneten die steigende Relevanz von Musik,
der seit etwa 1980 deutlich größeres Interesse als den anderen Künsten zuteil
werde,1379 zeitlich ähnlich ein: „If medals were awarded for growth in aes-
thetics in the last thirty years, the philosophy of music would win the gold.“1380
Wenn also die analytische Musikästhetik eine intensivere Beziehung
zur objektbezogenen Spezialforschung nötig hatte, um die Bedeutung von
Geschichte angemessen einzubinden, ist die zukünftige Entfaltung ihrer
methodischen Grundrichtung weiter offen. Alperson bemerkte, dass man etwa
Fragen der musikalischen Instrumentalität – also ihre funktionale Einbindung
in Politik, Kultur, Ethik etc. – mangelhaft reflektiere und meistens übersehe,
dass derartige Merkmale oft entscheidende Determinanten sind.1381 Zwar
kann bei der historisch fundierten Forschung von Goehr1382 und im Fall von
1376 Davies, „Analytic Philosophy“ (wie Anm. 898), S. 294.
1377 T. J. Diffey, „On American and British Aesthetics“, in JAC 51/2 (1993), S. 169–175, hier
S. 173f.
1378 Lamarque, „British Journal“ (wie Anm. 1325), S. 14f.
1379 Alperson, „Philosophie der Musik“ (wie Anm. 7), S. 879.
1380 Davies, „Music“ (wie Anm. 903), S. 489.
1381 Alperson, „Philosophie der Musik“ (wie Anm. 7), S. 881f.
1382 Goehr, Imaginary Museum (wie Anm. 374); dies., „Being True to the Work“, in JAC 47/1
(1989), S. 55–67.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423