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5.3. Enhanced Formalism – Hanslick, Davies, Kivy und die Kontur-Theorie
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aber, dass eine entsprechende Verbindung weitergeführt und Hanslick ein ‚en-
hanced formalism‘ retrospektiv zugeschrieben werden könnte, der jedoch die
vorherige Kenntnis der Theorie von Davies und Kivy nötig macht. Wenn mei-
ne nunmehr erörterte Auslegung auch eine mögliche Deutung von Hanslicks
Argument ausmacht,1585 ist sie für mich nicht die einzige richtige Exegese seiner
komplexen Hypothese.1586 Trotz allem denke ich, dass mein Vorschlag mehrere
zentrale Elemente von Hanslicks VMS-Traktat alternativ beleuchtet und für
die von mir entwickelte Annahme von Hanslick als Vorgänger von Davies und
Kivy eine legitime Grundlage offeriert.
Schon Kivy hatte Hanslicks Aussagen zum Duft der Rose im Jahr 2009
explizit erörtert: „what is remarkable is that Hanslick himself held enhanced
formalism […] in the palm of his hand and failed to recognize the possibility
for a more successful formalism than his own.“1587 Mit dem Bild der Rose, das
Kivy als markante Anomalie und als „afterthought clearly inconsistent with the
main text“ sah, hätte Hanslick somit exakt „the property-ontology of modern
enhanced formalism“ präsent gehabt: „Hanslick had it right there, but failed to
recognize the potential of the model or, therefore, avail himself of it.“1588 Kivys
Modell wäre zwar „much indebted to Hanslick’s extreme formalism“, weiche
jedoch von Hanslicks Rigorosität genau hierin ab, da expressive Parameter als
„phenomenological properties of the music that we hear in it as we see the red-
ness of the apple and smell the fragrance of the rose“ gefasst werden.1589 Diese
Deutung Hanslicks ist keinesfalls eigenwillig, wie z.B. Davies1590 und Nattiez
deutlich machen, der die Rosen-Stelle ebenfalls bemühte und daraus schließt:
„Hanslick cannot accept that music contains feelings.“1591 Wenn Kivy die zweite
Auflage von Hanslicks VMS-Traktat bekannt gewesen wäre, die nur auf Deutsch
vorliegt (Kap. 3.5), hätte dieser vielleicht gestaunt, dass sich die von ihm for-
mulierte Hypothese dort – und nur dort! – gedanklich wiederfindet: „‚Gefühl‘
1585 Für ein grundsätzliches Gegenargument zur exklusiven Bewertung bei literarischer Her-
meneutik siehe meine Arbeit: „Hermeneutik, Interpretation, Rezeption: ‚Friedenstag‘
von Richard Strauss – Ein nazistisches Bühnenstück?“, in Mythos – Metamorphosen – Meta-
physik, hrsg. von Gernot Gruber und Oswald Panagl, Heidelberg 2016, S. 167–188.
1586 Für die elementare Problematik von monistischen Textdeutungen siehe etwa auch:
Stephen Davies, „Relativism in Interpretation“, in JAC 53/1 (1995), S. 8–13; Joseph Mar-
golis, „Plain Talk About Interpretation on a Relativistic Model“, in JAC 53/1 (1995),
S. 1–7; Gregory Currie, „Interpretation in Art“, in Levinson, Handbook of Aesthetics (wie
Anm. 384), S. 291–306.
1587 Kivy, Ancient Quarrel (wie Anm. 5), S. 64.
1588 Ebda., S. 65.
1589 Ebda., S. 64f.
1590 Davies, Musical Meaning (wie Anm. 450), S. 239.
1591 Nattiez, „Hanslick: Immanence“ (wie Anm. 957), S. 116.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423