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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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20 I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Der Blick auf die Institution Bürokratie als Ganzes, die eher statisch wirkt, verstellt den Blick auf den rasanten Wandel der Beamten als Individuen in diesem Zeitraum. Norbert Elias beobachtete bereits vor Jahrzehnten, dass es uns kaum bewusst wird, „daß sich die Figurationen, die Menschen miteinander bilden, oft weit langsamer ändern als die Menschen, die sie jeweils bilden, und dass dem- entsprechend jüngere Menschen in die gleichen Positionen eintreten können, die ältere verlassen haben“.5 Die „Figuration“ Bürokratie, ein Eigensystem, dessen Elemente „durch Interdependenzen verschiedener Art miteinander verbunden sind“,6 ist ein Paradebeispiel dafür. Mein Hauptaugenmerk lag vor allem darauf, diesen Interdependenzen von Institution und Personen, dem Wandel der elitären Beamten in dieser höchst wandlungsbestimmten Zeit nachzuspüren,7 die eben durch die Betrachtung der Institution allein vordergründig als statisch erscheint. Für die Beamtenwelt bedeuteten die Veränderungen dieser Periode den Ab- schied von langen traditionellen Gewohnheiten, den Aufbruch in eine unbe- kannte Moderne, die auch von ihnen viel Mut, Umdenken und Anpassungs- fähigkeit verlangten. Wie kamen sie damit zurecht? Die massiven Beamtenschelte, denen wir auch in dieser Zeit (und nicht nur etwa im Vormärz und in der Gegen- wart) in den Medien begegnen, legen den Schluss nahe, dass es eine mediokre, starrköpfige Beamtenschaft gab, die den Aufbruch nicht mit zu vollziehen bereit war. Das mag es schon gegeben haben. Der Elite der Beamtenschaft jedoch wurde gerade in dieser Epoche Möglichkeit geboten, sich Geltung zu verschaffen. Und um es vorwegzunehmen: Sie tat es! Sie war allerdings gegenüber anderen gesell- schaftlichen Gruppierungen im Vorteil: Sie hatte, was nicht zu unterschätzen ist, die geeignete Ausbildung in Rechts- und Staatswissenschaften sowie das entspre- chende technische Know-how und (meistens) auch die Schulung in sozialer Kom- petenz, alles in allem Fähigkeiten, die es ihr gestattete, ihre Stellung am Rande der politischen Macht zu nutzen. Diese Position hinter den Kulissen der Macht ver- mittelte den Beamten so manche Einblicke, die ihnen die erwähnte hintergrün- dige Einflussnahme gestatteten. Damit wurde ihnen auch vordergründig eine gute 5 NORBERT ELIAS, Die höfische Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfischen Aristokratie. Mit einer Einleitung: Soziologie und Geschichtswissenschaft (Frankfurt am Main 1983), S. 47. 6 ELIAS, Die höfische Gesellschaft, S. 47. 7 Vgl. zum Thema PETER BECKER & RÜDIGER VON KROSIGK, New Perspectives on History of Bureaucratic and Scientific Subjects. In: Figures of Authority. Contributions towards a Cultural History of Governance from the Seventeenth to the Twentieth Century. Peter Becker & Rüdiger von Krosigk eds. (= Multiple Europe 41, Brussels 2008), S. 11–18.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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