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2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder
sehen wollte, seine Vorstellungen und Erwartungen. Bach rief energisch in Erin-
nerung, dass die Entscheidungsbefugnis für alle Amtshandlungen auf den Amts-
chef – von den Bezirksbehörden bis zu den Ministerien – übertragen worden war,
wodurch ein rasches und sicheres Durchgreifen der Staatsgewalt bis ins letzte Dorf
gewährleistet werden sollte.74 Bach erreichte damit eine Stärkung der Zentralge-
walt, die sich vor allem in den Händen des Innenministers konzentrierte.
Die Arbeitsfelder der Statthaltereien, die ihnen Bach zuteilte, sicherte ihnen
die Position der wichtigsten Behörde in den Ländern. Bach war die Mühe nicht
zu viel, die Aufgaben der Ämter und der darin werkenden Beamten wortwört-
lich aufzulisten: „die Evidenzhaltung der Bevölkerung; die Erhebung und Zu-
sammenstellung statistischer Daten; die Mitwirkung zur Ergänzung, Verpflegung
und Einquartierung des Heeres; das Vorspanns-Wesen; die Überwachung der
Geburts-, Ehe- und Sterbe-Register; das Paß-, Heimats- und Fremdenwesen; die
Verwendung der Gendarmerie oder des ihre Stelle vertretenden Wache-Corps; die
Gewerbs- und Handels-Sachen; das Sanitätswesen; die Gemeindeangelegenheiten;
die Kirche-, Schul- und Stiftungs-Sachen; die Oberaufsicht über die Wohlthätig-
keits- und Humanitäts-Anstalten und über alle öffentlichen Institute; die Sorge
für die Integrität und Evidenzhaltung der Reichs- und Landesgrenzen und für
die Instandhaltung der Land- und Wasserstraßen; die Mitwirkung bei der Ver-
messung, Einhebung und Abschreibung der direkten Steuer- und Gefälls-Gesetze;
die Landes-Cultursachen; die Überwachung der Presse und der Assoziazionen;
die Privilegien-Angelegenheiten; die Angelegenheiten bei der Expropriazion, bei
Streitigkeiten über Wasserrechte und Bauten; bei der Bildung der Geschworenen-
Listen und bei der Organisazion und Verwendung der Bürger-Wehr; die Ver-
fassung der Vorschläge für die politische Administrazion, für die Straßen- und
Wasserbauten und für die Staats-Anstalten des ämtlichen Bezirkes“.75 Der Statt-
halter wurde mit der Führung auch jener Landesangelegenheiten betraut, die an
und für sich nicht dem Ministerium des Inneren unterstellt waren. So wurde der
Statthalter Leiter der Finanzlandesdirektion bzw. Steuerdirektion, der Kultus- und
Unterrichtsangelegenheiten, der Polizei-, Handels- und Gewerbesachen, Bauan-
gelegenheiten, Landeskultur sowie der Landesausschüsse, was letzten Endes mit
einer enormen Erweiterung der Machtsphäre des Ministeriums des Inneren ver-
74 FRIEDRICH WALTER, Die österreichische Zentralverwaltung. III. Abteilung: Von der März-
revolution 1848 bis zur Dezemberverfassung 1867, 1. Band: Die Geschichte der Ministerien
Kolowrat, Ficquelmont, Pillersdorf, Doblhoff, Wessenberg und Schwarzenberg (= Veröffent-
lichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, Wien 1964), S. 367 f.
75 WALTER, Zentralverwaltung III/2, S. 56.
Josephinische Mandarine
Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Josephinische Mandarine
- Subtitle
- Bürokratie und Beamte in Österreich
- Author
- Waltraud Heindl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78950-5
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 336
- Keywords
- Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 11
- I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
- II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
- III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
- 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
- 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
- 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
- 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
- 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
- IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
- 1. Wandel der politischen Strukturen 85
- 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
- 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
- 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
- 5. Nationale Illustrationen 106
- 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
- 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
- 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
- 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
- 10. Generationenkonflikte um 1900 160
- V. Das soziale Umfeld 165
- VI. Inszenierungen 235
- VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
- VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277