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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 55 des Inneren, Franz Graf Stadion (1806–1853),82 ein Erlass formuliert, der unmiss- verständlich daran erinnerte, dass ein Beamter auf seinen Posten zu verzichten habe, sollte er anderer Ansicht als die staatlich-dynastische Obrigkeit sein. Als Al- ternative eröffnete er, dass der Staatsdiener, „in und außerhalb dem Amte so rede und handle, dass sein aufrichtiges Wirken im Sinne und Geiste der Regierung gar nicht in Zweifel gezogen werden kann, zugleich ist ihnen [den Beamten] aus- drücklich zu erklären, dass die Centralgewalt fest entschlossen ist, jeden Beamten ohne weiteres seiner Stelle zu entsetzen, der sich erlauben sollte, der Centralgewalt sei es durch öffentlichen Tadel ihrer Verfügungen entgegenzuwirken oder gar sich soweit vergäße, dass er direkt gegen die Regierung oder die aufgestellten Grund- sätze derselben handelnd auftritt.“83 Dementsprechend misstrauisch wurden die Beamten besonders in den natio- nal revolutionären Ländern observiert und hart bestraft, wenn sich der Verdacht, antiösterreichisch zu sein, als begründet erwies.84 (Davon soll noch die Rede sein.)Das bereits erwähnte Rundschreiben Bachs vom 15. August 184985 enthielt mehr: einen wahren Moralkodex für Beamte. In Anlehnung an das Schreiben Josephs II. an „seine“ Beamten vom 13. Dezember 178386 kann es mit Recht als „Hirtenbrief“ bezeichnet werden, und es brachte wie der josephinische Hirten- brief das deklarierte (vermeintlich) neue Verständnis vom Beamtenberuf zum Ausdruck. Vor allem war Bürgernähe gefragt. Der Beruf des öffentlichen Beam- ten sei, so meinte Bach enthusiastisch, „ein neuer, schönerer“ geworden, dessen Tätigkeiten „sich nicht bloß in dem begrenzten Raum des Amtes und auf dem lähmenden Weg der Akten und schriftlichen Weg der Verhandlungen bewegen“ sollten.87 Im Gegenteil – die Beamten seien in Zukunft verpflichtet, durch „er- höhtes Nachdenken, gesteigerten Eifer und vermehrte Anstrengungen“ beleh- rend und leitend auf die Bürger zu wirken, sie müssten „den Geist des Gesetzes 82 Zu seiner Karriere HEINDL, Gehorsame Rebellen, Innenseite des Umschlags. 83 Erlass des Ministers des Inneren vom 7. Dezember 1848, wodurch den politischen Behörden ein den Grundzügen der Centralgewalt entsprechendes Verhalten zur Pflicht gemacht wird, ALLGE- MEINES REICHSGESETZ- UND REGIERUNGSBLATT (weiterhin RGBL.), Erste Abteilung des Ergänzungsbandes, umfassend die Gesetze und Verordnungen vom 2. Dezember 1848 bis Ende Jänner 1849, Nr. 13 (Wien 1850), S. 15 f.; zit auch bei PAVLA VOŠALÍKOVÁ, Einleitung: Ämter und Beamte unter Kaiser Franz Joseph I. In: Pavla Vošalíková, Von Amts wegen. K. k. Beamten erzählen (= Damit es nicht verloren geht 37, Wien/Köln/Weimar 1998), S. 12. 84 Zu Beispielen in Venetien, GOTTSMANN, Venetien, S. 33–56, 443. 85 Siehe Anm. 71. 86 Siehe HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 26f. 87 WALTER, Zentralverwaltung III/ 2, S. 106 f.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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