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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 57 Dieses Bach’sche Rundschreiben vom 15. August 1849 ähnelt inhaltlich tatsäch- lich jenem „Hirtenbrief“ Josephs II. an „seine“ Beamten“ vom 13. Dezember 1783: Trotz Verstärkung der Amtsgewalt und des Zuwachses der Autorität für hohe Be- amte wurde unbedingte Treue und Folgsamkeit gegenüber der obersten Regie- rungsspitze verlangt.89 Auch die Methoden, sich dieser Beamtentugenden zu ver- sichern, waren die gleichen. Bach stützte sich, um gehorsame, arbeitsame Beamte zu erziehen, die eine durchschlagsfähige Staatsgewalt repräsentierten, nicht anders als Joseph II. auf das System der Privilegierung und Disziplinierung. Aus Bachs Worten ist zu schließen, dass er wie Joseph II. das Ideal des rastlos arbeitenden, kaiser- und systemtreuen, dabei bürgernahen, weithin gebildeten, im Gesetz be- wanderten, objektiven und unparteiischen Beamten propagierte, den erfahrenen Ratgeber und das Vorbild für „das Volk“, der dafür – im Gegenzug – privilegiert und aus der Masse der Bevölkerung herausgehoben wurde. Am hohen Ideal des vorzüglichen, dem Monarchen gehorsamen Beamten wurde auch in den nach- folgenden Zeiten ex officio festgehalten (wenn auch die Praxis manchmal anders aussah). Spuren dieses Bach’schen Schreibens finden sich in schriftstellerischen Werken von Beamten. Im Jahr 1857 fühlte sich der kaiserliche Ministerialrat und Präsident der Grundentlastungskommission in Böhmen (daneben auch Autor) Maximilian von Obentraut bemüßigt, einen ausführlichen „Leitfaden“ für das Verhalten von Beamten zu erlassen,90 der den Geist der Bach’schen Vorstellungen widerspiegelt. An oberster Stelle stand die „Anhänglichkeit an das monarchische Prinzip und an das Allerhöchste Regentenhaus“. Dann folgten im Tugendkatalog „Ehrenhaftigkeit“, „Unbescholtenheit“, interessanterweise nimmt „Nüchternheit“, d. h. Abstinenz von Alkohol, einen prominenten Platz ein, sowie die oftmals erwähnten Beamtentugen- den „Subordinazion und Gehorsam“, „Verschwiegenheit“ und die typischen bürger- lichen Pflichten „Fleiß, Eifer, Pünktlichkeit, Verlässlichkeit“; auch „Gründlichkeit“, „Vollständigkeit […] in der Bearbeitung der amtlichen Geschäfte“, „Rechtlichkeit und Unbestechlichkeit“, „Klugheit“, „Mäßigung“, „Entschlossenheit“, „Beschei- denheit“, „Verträglichkeit“, „Höflichkeit“, „Gefälligkeit“, „Anstand“, „Würde“ und „Humanitas“ (was immer man darunter verstanden haben mag). Das waren für Obentraut die gefragtesten Eigenschaften des idealen Beamten. 89 HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 25–40. 90 MAXIMILIAN von OBENTRAUT, Grundsätzlicher Leitfaden für angehende junge Beamte in practischen Umrissen, 3. Teil: Uiber die nothwendigen Eigenschaften eines Beamten (Prag 1857), S. 107–143.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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