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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 61 1867 Justizminister. Adolph Pratobevera Freiherr von Wiesborn, der den Ruf eines „Freisinnigen“ hatte und in den Jahren 1861 bis 1862 das Amt des Justizministers im Kabinett Schmerling bekleidete, hatte bereits 1852 den Rang eines Hofrats am Obersten Gerichtshof erreicht. Den (wirtschafts)liberalen Carl Freiherrn von Hock finden wir als Sektionschef im Finanzministerium.99 Gegen offensichtlich „abtrünnige“ Beamte ging man dagegen unbarmherzig vor. Noch weniger Pardon kannte man mit den Beamten in den aufständischen Ländern. Am 20. März 1848 war allerdings für die Rebellen in Galizien und in Lombardo-Venetien eine Amnestie erlassen worden.100 Der hohe galizische Be- amte (Landesuntermarschall) Tadeusz Wasilewski musste trotzdem bald darauf, im Mai 1848, zurücktreten, nur weil er Mitglied der polnischen Nationalversamm- lung und für eine radikale Bauernbefreiung eingetreten war.101 Den italienischen beamteten „Verrätern“ im Lombardo-Venetianischen Königreich „verzieh“ man noch im September 1848 gemäß dieser früh erlassenen Amnestie, doch eine Wie- deranstellung lehnte zumindest der Kriegsminister strikt ab.102 In Ungarn wurden noch im Herbst 1849 „Säuberungen“ des Beamtenstandes durch eine Kommission durchgeführt. Von den erbarmungslosen Verurteilungen der ungarischen „Hochverräter“ legen die Urteile der Kriegsgerichte von Pest- Ofen, Kaschau (Kassa), Pressburg (Poszonyi/Bratislava), Groß Wardein (Nagy Város) und Siebenbürgen Zeugnis ab.103 Die „Hochverräter“ wurden vor Kriegs- gerichte gestellt, wenn sie für schuldig befunden wurden (und dazu reichte bereits die geringste „Unterstützung“ des Aufstandes) vom Dienst entlassen. Dies stand allerdings nicht den Kriegsgerichten, sondern der jeweiligen Behörde zu, wodurch es zu massiven Kompetenzstreitigkeiten kam, die letztlich zwischen den Ministern in Wien ausgetragen werden mussten.104 Verurteilte man die Staatsdiener wegen politischen Verbrechens, wurden ihre Güter, sofern sie welche hatten, sequestriert. Hohen Würdenträgern entzog man zusätzlich ihre Würden. Die Kämmererwürde 99 CARL von HOCK, anonym, Österreich und seine Bestimmung. In: Deutsche Vierteljahrs- schrift (1860); dazu HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 172 und 221. 100 Ministerratsprotokoll vom 8. April 1848/I, ÖMR., Abteilung I: Die Ministerien des Revolutions- jahres 1848: 20. März 1848–21. November 1848, bearbeitet und eingeleitet von Thomas Kletečka (Wien 1996). 101 Ministerratsprotokoll vom 9. Mai 1848/III, ÖMR. I. 102 Ministerratsprotokoll vom 15. September 1848/VIII, ÖMR. I. 103 Sie befinden sich heute im Kriegsarchiv in Budapest. 104 Ministerratsprotokoll vom 10. April 1850/II und 15. April 1850/V, ÖMR., Abteilung II: Das Mi- nisterium Schwarzenberg, Band 2: 8. Jänner 1850–30. April 1850, bearbeitet und eingeleitet von Thomas Kletečka und Anatol Schmied-Kowarzik (Wien 2005).
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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