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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 73 lich hungernde Beamte auch tatsächlich zu arbeiten nicht fähig“ sei. Interessan- terweise behielt der höchste Beamtenchef diese Berichte bei sich.143 So verlor das Staatsbeamtentum an Reputation in der Öffentlichkeit und an Attraktion für die Jugend. Es fehlte erwiesenermaßen an Nachwuchs in Ungarn, in Böhmen und in der Steiermark, weil – wie ein beamteter Zeitgenosse sorgenvoll äußerte – „sich die aus den Studienjahren tretenden Jünglinge jeder andern Richtung, dem No- tariat, der Advokatur, dem Auditoriat, dem Mililtärstande, dem kameralistischen Stande“ lieber zuwandten als dem Justiz- und Verwaltungsdienst, von dem sie die Sorge, überhaupt den Lebensunterhalt verdienen zu können, ebenso abhielt wie die späte Beförderung, der „angestrengte Dienst“ und „die lange Dauer des bisherigen Provisoriums“ (eine Art von unbezahltem oder sehr schlecht bezahltem Praktikum).144 Der bereits genannte Ernst von Schwarzer bezeichnete das Missver- hältnis zwischen den Einnahmen der Staatsdiener und jenen der Privatbeamten als enorm und empfahl dringend die Anhebung der Bezahlung sämtlicher Staats- beamten – „im Interesse des gesellschaftlichen Gleichgewichtes“ und zur Förde- rung des Nachwuchses im öffentlichen Dienst.145 Die anfangs gehegten Hoffnungen, durch ein reformiertes Beamtentum über- all eine Modernisierung herbeizuführen und die national so heterogenen Kräfte zu integrieren, gingen ins Leere. Die Folgen waren letzten Endes völlig konträr. Durch die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage kam es sehr bald zu einer Verschiebung des sozialen Status und damit zu einem Autoritätsschwund der Bü- rokratie – besonders in Ungarn, wo die dorthin entsandten deutschen und tsche- chischen Beamten bürokratische Kenntnisse und Respekt für die kaiserliche Re- gierung vermitteln sollten, und – was oft vergessen wird – anfangs wegen ihrer Kenntnisse und ihrer Unbestechlichkeit hoch im Kurs gestanden waren. Mit ihren kümmerlichen Gehältern vermochten sie auch nicht die Rolle der ehemaligen un- garischen Beamten als „große Herren“ zu erfüllen, die das ebenso „große Leben“ repräsentierten und daher Respekt gebietend erschienen. Sie genossen somit nur 143 „Zusammenstellung aus den Landesbehörden Ungarns, Siebenbürgens und der serbischen Woi- wodschaft mit dem Temescher Banat betreffend die beantragten Änderungen im Verwaltungs- organismus und Vereinfachung der Geschäfte“, ÖSTERREICHISCHES STAATSARCHIV, ALLGEMEINES VERWALTUNGSARCHIV (weiterhin ÖSTA., AVA.), Nachlass Bach, Kar- ton 41, zit. HEINDL, Bürokratie und Verwaltung im Neoabsolutismus, S. 242. 144 Zitat in „Steirisches Operat“ vom 28. April 1853, STEIERMÄRKISCHES LANDESAR- CHIV, Statthalterei, Organisierungslandeskommission 1853/54, Faszikel VIII C, GZ. 560/1853; HEINDL, Bürokratie und Verwaltung im Neoabsolutismus, S. 242. 145 SCHWARZER, Geld und Gut, S. 165.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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