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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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113 5. Nationale Illustrationen trauisch beäugte, bestätigte im Rückblick voll der Ressentiments: „Sobald auch er [der deutschösterreichische Beamte] anfing national zu fühlen, ereilte ihn dasselbe Schicksal wie seine slawischen oder romanischen Kollegen, er näherte sich dem Hochverrate. Das Deutschtum war so lange bevorzugt, als es als Werk- zeug des habsburgischen Hausmachtsgedanken dienen konnte. Sobald es an sich selbst zu denken anfing, war es diesem Gedanken genauso unbequem wie das Slawentum.“89 War es in der national vielfältigen Atmosphäre der Wiener Behörden noch möglich, die gewünschte Objektivität weitgehend – zumindest nach außen hin – zu wahren, so konnten Gerechtigkeit und Objektivität gegen Ende des Jahrhun- derts in den „Königreichen und Ländern“ nur mehr schwer aufrechterhalten wer- den. Dort war der Prozess der nationalen Funktionalisierung der Beamtenposten, vor allem in jenen der gemischtsprachigen Gebiete der böhmischen Länder, des heutigen Sloweniens und Italiens, viel weiter gediehen, und der Umgang in den Ämtern war weniger idyllisch als in jenen der kaiserlichen Haupt- und Residenz- stadt. Die Landesbeamten, selbst die bürokratischen Eliten, kamen zunehmend aus den jeweiligen Ländern und den entsprechenden Nationalitäten, denn die Behörden waren im Laufe der Zeit nach nationalen Gesichtspunkten verändert worden.90 Erst recht hatten diesbezüglich die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ge- schlossenen Ausgleichsverträge, mit Mähren 1905, mit der Bukowina 1910 und mit Galizien 1914 starke Folgewirkungen (mit Ausnahme von Galizien, dazu war es zu spät) für die nationale Zusammensetzung der Beamtenschaft. Notgedrun- gen musste die diffizile Sprachenfrage für alle Beamten immer virulenter werden. Die im Staatsgrundgesetz von 1867, Artikel 19, verankerte Gleichberechtigung der Sprachen – neben der Gleichberechtigung der Nationalitäten – hatte zu einer nicht unbeträchtlichen Nationalisierung (auch des öffentlichen Dienstes) beige- tragen.91 Angesichts der (zuletzt) acht anerkannten Landes- bzw. „landesüblichen“ 89 FRIEDRICH F. G. KLEINWAECHTER, Der Untergang der österreichisch-ungarischen Mon- archie (Leipzig 1920), S. 253; RUMPLER, Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingun- gen, S. 110. 90 HANNELORE BURGER, Sprachenrecht und Sprachgerechtigkeit im österreichischen Un- terrichtswesen 1867–1918 (= Studien zur Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie XXVI, Wien 1995) , S. 203 f. 91 BERNATZIK, Verfassungsgesetze, S. 426. Zum Gleichheitsbegriff im Besonderen GERALD STOURZH, Die Gleichberechtigung der Volksstämme als Verfassungsprinzip 1848 bis 1918. In: Die Habsburgermonarchie 1848–1918, III/ 2: Die Völker des Reiches, hg. von Adam Wandruszka und Peter Urbanitsch (Wien 1980), S. 1205; siehe auch Gerald STOURZH, Die Gleichberechti- gung der Nationalitäten in der Verfassung und Verwaltung Österreichs (Wien 1985), S. 8.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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