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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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125 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus ersichtlich, unter Umständen kleiner, die Kenntnisse dieser Beamten um die Verschiedenheit der Kronländer und deren Bewohner damit eingeengt. Rudolf Sieghart, einer der höchsten Beamten in Monarchie und Erster Republik, unter- streicht, dass „der früher weite Horizont des übernationalen Beamtentums all- mählich verloren“ ging.124 Aber ganz war die Tradition des häufigen Behörden- und Ortswechsels nicht verloren gegangen, da bis zum Ende der Monarchie Karrieren, die durch die ver- schiedenen Kronländer führten (von Statthalter Erasmus von Handel wird zum Beispiel später die Rede sein), noch immer Usus waren! Es kam auf den jeweili- gen Beamten und seine Interessen an. Versetzungen auf eigenen Wunsch waren möglich und wurden immer wieder ergriffen, entweder weil der neue Posten für die derzeitige oder zukünftige Karriere günstig war, die Kinder eine bessere Schul- wahl vorfanden oder weil der jeweilige Beamte für einen bestimmten Dienstort oder ein bestimmtes Kronland eine besondere Vorliebe hegte (oft aus familiären Gründen). Ein Beispiel einer solch vielfältigen Beamtenlaufbahn bietet uns Dr. jur. Karl Hieronymus Alois Haager von Vanderhaag, 1872 in Budapest geboren. Er ging bereits in Wien und Prag in das Gymnasium, was darauf hindeutet, dass auch der Vater einen flexiblen Beruf hatte, er studierte Rechtswissenschaft an der Universität Graz. Abwechslungsreich verlief auch sein weiteres Berufsleben. Un- mittelbar nach seinem Studienabschluss 1895 trat er als Konzeptspraktikant in das Landespräsidium in Troppau (Opava) in Schlesien ein, tat in den Bezirkshaupt- mannschaften in Bielitz (Bielsko – Biala), Jägerndorf (Krnov), Freistadt (Fryštát) und Teschen (Cieszyn) Dienst, 1905 wurde er in das Ackerbauministerium beru- fen, 1925 wurde er zum Leiter der Sektion für Ernährungswesen und Viehverkehr im Landwirtschaftsministerium der Ersten Republik bestellt. Daneben habilitierte sich dieser emsige Beamte, veröffentlichte eine Reihe von Publikationen, wurde Dozent für Agrarrecht an der Hochschule für Bodenkultur (1923), 1933 ordent- licher Professor und 1938 Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an die- ser Lehranstalt, 1939 wurde er in den Ruhestand versetzt.125 Haagers Lebenslauf verkörpert so wie der des Erasmus von Handel das Muster des älteren Karrieretyps der österreichischen Beamtenschaft. Wieweit Kenntnisse und Fähigkeiten Einfluss ausübten, kann höchstens am Einzelfall festgestellt werden, wie am erwähnten Beispiel Kielmansegg, der, wenn schon Protektion im Spiel gewesen sein sollte, eine gerüttelt Maß an Vorzügen, 124 RUDOLF SIEGHART, Die letzten Jahrzehnte einer Großmacht (Berlin 1932), S. 265 ff. 125 ENDERLE-BURCEL, FOLLNER, Diener vieler Herren, S. 144 ff.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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