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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 204 blieb damit kaum eine Summe von 150 Gulden (300 Kronen) übrig, die er spa- ren konnte. Angesichts des relativ höheren Ranges, den ein Sektionsrat einnahm, können wir kaum von Luxus sprechen, in dem er und mit ihm seine Familie lebte. Ein wesentlicher Indikator für die Lebenshaltung bzw. den Status von Perso- nen bietet das Wohnen, das je nach Region preislich höchst verschieden war, und dessen Spanne in den Großstädten wie auch heute am größten war. Wie wir aus den zeitgenössischen Angaben sehen können, nehmen die Mietkosten in Wien einen hohen Anteil an den jährlichen Ausgaben eines Beamten in Anspruch. Der fast sprichwörtliche Wohnungsmangel in der Großstadt Wien bedeutete, dass das Angebot gering, die Nachfrage groß, die Preise für Wohnungen dementsprechend hoch waren. Nach der Vorstellung von Regierung und Kaiser durften Beamte ihrem Rang entsprechend nicht allzu ärmlich wohnen. Es ging ihnen dabei wahrscheinlich we- niger um die Beamten. Doch wie hätte das Prestige der Vertreter des Staates in den Augen der guten Gesellschaft ausgesehen, hätten sie in Löchern hausen müssen? Es gab auch in der Zeit nach 1848 – wie seit Jahrhunderten zuvor – die Ein- richtung der Dienstwohnungen mit genauen Bestimmungen über die Größe, die man für die verschiedenen Ränge in den verschiedenen Städten der Monarchie für sozial zumutbar erachtete. Danach hatten die untersten Rangklassen (XI und X) ein Anrecht auf eine Zweizimmerwohnung, die Ränge IX und VIII durften bereits drei Zimmer beanspruchen, dem Vertreter der Rangklasse VII, also bereits einem höheren Beamten, stand eine Vierzimmerwohnung zu, dem der VI. eine Wohnung mit fünf Zimmern, die Beamten der V. und IV. Rangklasse, also Elite- beamte, durften in sechs Zimmern wohnen.362 Die festgesetzte Größe der Dienst- wohnungen gibt uns ein realistisches Bild, welchen Status, welche soziale Rolle der Staat den einzelnen Beamtenrängen zuweisen wollte, das heißt, welche Reprä- sentation sie aus der Sicht der Staatsmacht als Vertreter und Vollzugsorgane zu er- füllen hatten. So war für den Bezirkshauptmann von St. Pölten in den 1860er-Jah- ren eine geräumige Wohnung mit neun Zimmern (inklusive Dienstbotenzimmer) vorgesehen, für die Wohnung des Direktors der Staatsdruckerei am Rennweg in Wien allerdings etwa 20 Jahre später nur sieben Zimmer.363 Wog der Posten eines zur österreichischen Statistik, 550. Tabellenanhang 550 A, Wien 1979/80) Tabelle A 9. 1; siehe S. 202. 362 Vgl. HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 273 und 289; HAFNER, Der sozio-ökonomische Wan- del, S. 162. 363 Siehe Bild der Bezirkshauptmannswohnung in HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 279; zur Wohnung Becks ALLMA�ER-BECK, Vom Gastwirtssohn, S. 161.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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