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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 208 Als reichste Bezirke wurden die Innere Stadt und die Wieden deklariert. Die Preise für Wohnungen stiegen in den sogenannten Beamtenbezirken in der Periode von 1848 bis 1872 exorbitant an: im I. Bezirk für ein Zimmer (!) von 105 Gulden im Jahr 1848 auf 257 im Jahr 1872, im III. Bezirk von 72 auf 132 Gulden, im VIII. von 68 auf 126 Gulden und im IX. von 67 auf 129 Gulden.374 Die Teuerung hatte zur Folge, dass sich die verschiedenen Beamtenkategorien – je nach Einkommen – mehr und mehr sozial-räumlich separierten. Karl Megner, der dem Wohnen der Beamten in Wien seit dem Mittelalter eine lange Abhandlung gewidmet hat,375 stellte eine Verstärkung dieser Tendenz besonders für die Jahrhundertwende fest: Gegen die Zeit um 1900 ging der Anteil der mittleren Beamten – wohl durch die steigenden Preise, die sich diese Ränge nicht mehr leisten konnten – in den Gegenden rund um die Ringstraße fast überall zurück, und die höheren Beamten begannen sich mehr und mehr „auch hinsichtlich ihrer Wohngegend“ von den niederen zu distanzieren. Hohe Beamte siedelten in der Ära gerne in der Nähe des Rathauses, der Votivkirche und im IX. Bezirk. Aus der Typisierung der Wohnbau- formen der Wiener Innenstadthäuser, die Megner nach Qualität vornimmt, ist zu entnehmen, dass es die hohe Bürokratie vorzog, in den damals modernen spät- gründerzeitlichen Häusern zu wohnen, die eine bessere Wohnqualität, allerdings auch hohe Mieten aufwiesen.376 Es waren nicht viele Beamte, die sich diese Mieten leisten konnten. Allerdings wurde versucht, der offensichtlichen Wohnungsnot der Wiener Beamten gegenzusteuern. Dazu gehörte die Errichtung des bereits erwähn- ten Rudolfshofs im IX. Bezirk (1870). Er repräsentierte mit dem Bau von „stan- desgemäßen, billigen und unaufkündbaren Wohnungen“ „ein soziales Beamten- Wohnbauprojekt“; auch der „Wiener Cottage-Verein“ errichtete bis 1900 ca. 250 Häuser vorwiegend für Beamte und deren Witwen.377 Im Jahr 1914 scheinen im damals vornehmsten Wiener Viertel, in der Ringstraßenzone, unter 478 Personen als Mieter acht Beamte, die offenbar dem Beamtenadel angehörten, und noch eine 374 PETER FELDBAUER, Stadtwachstum und Wohnungsnot. Determinanten unzureichender Wohnungsversorgung in Wien 1848 bis 1914 (= Sozial- und wirtschaftshistorische Studien 9, Wien 1977), S. 126 und 144. 375 MEGNER, Beamtenmetropole Wien, S. 459–512. 376 MEGNER, Beamtenmetropole Wien, S. 499. 377 MEGNER, Beamtenmetropole Wien, S. 498 und 502; hier weitere Literatur zu diesen Projek- ten: z. B. FRANZ BALTZAREK, ALFRED HOFFMANN, HANNES STEKL, Wirtschaft und Gesellschaft der Wiener Stadterweiterung (= Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche 5, Wiesbaden 1975); PETER FELDBAUER und GOTTFRIED PIRHOFER, Wohnungsreform und Wohnungspolitik im liberalen Wien? In: Wien in der liberalen Ära. Forschungen und Bei- träge zur Wiener Stadtgeschichte 1 (Wien 1978), S. 148–190.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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