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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 214 38 Jahren, sein Sohn Albano verheiratete sich erst mit 39 Jahren.397 Der 1808 in Ostböhmen geborene, seit den 1850er-Jahren als Bezirksvorsteher, Bezirksrichter und Landesgerichtsrat in Mähren tätige Franz Anderle heiratete mit 34 Jahren die Tochter eines Amtsmannes.398 Der Befund wird auch von Megner bestätigt, der angibt, dass die Hälfte der zwischen 1868 und 1884 nobilitierten Beamten erst zwi- schen dem 31. und dem 40. Lebensjahr eine Ehe eingingen.399 Junge Beamtenehen dürften im Allgemeinen eine so auffällige Ausnahme gewesen sein, dass die Fami- lie des technischen Beamten bei den Staatseisenbahnen in Prag Eduard Bazika, der mit 25 Jahren (1856) eine Achtzehnjährige heiratete, von den Nachbarn als die „Familie der Kinder“ bezeichnet wurde.400 Angesichts der traurigen finanziellen Verhältnisse war für den sozialen Status ei- nes Beamen, wie bereits erwähnt, die Herkunftsfamilie seiner zukünftigen Ehefrau für Leben und Karriere von maßgeblichem Einfluss. Ehefrauen mit Mitgift waren in Beamtenkreisen begehrt. Vor allem bei nicht wohlhabenden Beamten sollte die Mitgift der Ehefrauen das finanzielle Potenzial der jungen Familie aufbessern, den aus der Herkunftsfamilie bereits begüterten Beamten waren die Familienbeziehun- gen der Frau für ihre Laufbahn nützlich. Beamte waren trotz ihres nicht gerade imponierenden Salärs beliebte Heiratskandidaten – selbstverständlich innerhalb ihres Milieus. Millionäre, so berichtet uns Friedländer in seiner ironischen (und etwas herablassenden) Art, sähen gerne einen Schwiegersohn im Ministerium, ein „wohlhabender Fleischhauer aus der Vorstadt“ wäre mit einem Beamten aus dem Steueramt zufrieden, ein Fabrikant hätte mit einem Bezirksrichter Freude. In den Provinzstädten wäre es noch einfacher gewesen, eine „gute Partie“ zu finden.401 Allerdings wird auch von Zeitgenossen von gewissen nationalen Unterschieden im Heiratsverhalten berichtet. Besonders empfindlich bezüglich der bräutlichen Mit- gift sollen die deutschsprachigen Beamten gewesen sein, während Ehrhart bei den Tschechen mehr Mut zu einer Ehe zu beobachten glaubte, die „auf die bloße Gage hin, einen Hausstand gründeten“.402 Sie hätten sich auch mit einem bescheidene- ren Leben zufriedengegeben als ihre deutsch-österreichischen Kollegen. Bei so manchen schüchternen jungen Beamten mag Ängstlichkeit vor einer Brautwerbung mitgespielt haben, weil sie eine Familie mit dem kleinen Salär 397 Zur Geschichte der Familie Blühdorn, S. 10 und 94 f., Manus, PA BLECHNER. 398 STOURZH, Eine mährische Juristenlaufbahn, S. 130. 399 MEGNER, Beamte, S, 163 f.; HEINDL, Zum cisleithanischen Beamtenrum, S. 1204. 400 BAZIKA. In: VOŠALÍKOVÁ, Von Amts wegen, S. 123. 401 FRIEDLÄNDER, Letzter Glanz der Märchenstadt, S. 74. 402 EHRHART, Im Dienste, S. 71.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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