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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 216 gewisses psychisches Sicherheitsbedürfnis. Beamtete Heiratskandidaten suchten manchmal auch unter den Töchtern der gelehrten Welt der Universitäten und Wissenschaft sowie aus dem reichen Gewerbe, den Banken und der Industrie, mitunter kamen auch Ehen zwischen Beamtentöchtern und Offizieren vor. Letz- tere Verbindung dürfte eher selten gewesen sein, da beide Berufsgruppen allge- mein nicht mit reichen Gütern gesegnet waren. Der Beamte und spätere Minister Stremayr „verheiratete“ allerdings seine drei Töchter umsichtig mit je einem Be- amten, einem Ingenieur und einem Offizier. Möglicherweise wählten die Töchter auch selbst, die Zustimmung des Vaters war Voraussetzung und war im Fall Stre- mayr selbstverständlich erfolgt.406 Das Beamtenkonnubium trug sicherlich nicht wenig dazu bei, dass es in Wien wie in den böhmischen Ländern und vermutlich auch in allen anderen Kronländern seit dem 18. Jahrhundert zur Bildung von Be- amtendynastien kam, die vielfach miteinander verwandt und verschwägert waren. In den Beamtenkreisen mochte das bürgerliche Familienideal mit den entspre- chenden Rollenaufgaben für Mann und Frau weitgehend den familiären Alltag der Geschlechter bestimmt haben. Und dieses beruhte auf der außerhäuslichen, entlohnten Arbeit des Familienoberhauptes, des Mannes, und der häuslichen (un- bezahlten) der Frau. Hannes Grandits weist mit Recht darauf hin, dass die Füh- rung eines solchen guten bürgerlichen Familienlebens, zumindest die Demonstra- tion einer Lebensgestaltung in einer „richtigen Familie“, mit dem entsprechenden finanziellen, aber auch dem symbolischen Kapital von Bildung und Kultur einen wichtigen konstituierenden Part des bürgerlichen Selbstverständnisses darstellte. So hatten die „standesgemäße Ehepartnerin“, der „standesgemäße Ehepartner“, die entsprechende Anzahl von Kindern, die bürgerliche Wohnung mitsamt dem dazugehörigen Interieur, der gesellschaftliche Umgang, die Präsentation von Bil- dung sowie die Anzahl von Dienstboten, die zur Aufrechterhaltung dieses Lebens- stils notwendig war, höchsten gesellschaftlichen Wert.407 Der soziale Druck und die Ansprüche, die „zum Wohle der Familie“ an die Arbeits- und die psychische Kapazität der beiden Geschlechter gestellt wurden, waren unter Umständen nicht gering.408 Von den Beamtengruppen konnte das bürgerliche Ideal nur von den höheren Rängen gelebt werden. Der Mann sollte der Alleinernährer sein, der die wirtschaftliche Basis in ausreichendem Maße zur Verfügung stellte, bürgerliche 406 STREMA�R, Erinnerungen, S. 57 f. und 63 f. 407 GRANDITS, Familienleben, S. 78 f.; zu den bürgerlichen Werten im Besonderen ULRIKE DÖCKER, Die Ordnung der bürgerlichen Welt. Verhaltensideale und soziale Praktiken im 19. Jahrhundert (= Historische Studien 13, Frankfurt am Main/New �ork 1994), S. 219–275. 408 Zum Folgenden HEINDL, Geschlechterbilder und Geschlechterrollen, S. 716–719.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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