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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 226 Aber nicht nur die Zugehörigkeit zu bürokratischen Ranggruppen, Familie und sozialer Schicht – abgesehen von allen persönlichen Veranlagungen, Vorlieben und Prioritäten – spielte bei der Gestaltung des privaten Lebens eine wesentliche Rolle, sondern auch das geografische und nationale Herkunftsmilieu war zumindest in der Wahrnehmung der damaligen Mitwelt entscheidend. So wird etwa von beam- teten Zeitgenossen deutscher Zunge behauptet, dass die tschechischen und ost- galizischen Beamten aller Ränge – selbst im „Schmelztiegel“ Wien – im Vergleich mit ihren Wiener Amtsgenossen bescheidener und anspruchsloser lebten.437 Aus den Darstellungen der Lebensweise hoher tschechischer Beamter in Wien bekom- men wir allerdings den Eindruck, dass sie genau dieselben kulturellen Gewohn- heiten – Theater-, Konzert-, Kaffeehausbesuche, Einladungen zu vornehmen Ge- sellschaften etc. – aufwiesen (oder in der Erinnerung aufweisen wollten), die auch die Wiener Beamten besaßen.438 In den Landeshauptstädten sowie in manchen mittleren und kleineren Städten gewannen die Beamten durch den Ausbau der Verwaltungsbehörden, der Statthaltereien und der Einrichtung der Bezirksämter sowie der Bezirkshauptmannschaften an Bedeutung.439 In Galizien bot die 1868 eingeführte Selbstverwaltung für polnische (allerdings kaum für ukrainische) Ge- bildete über die Amtskarriere Möglichkeiten des gesellschaftlichen Aufstiegs und der bürger lichen Akzeptanz.440 Allerdings konnte auch das Gegenteil der Fall sein, und die Anzahl der Staatsdiener in kleinen Städten nahm nach 1867 unter Um- ständen ab. In Dornbirn, einer kleinen, aber industriell wichtigen Stadt in Vor- arlberg mit 8.444 Einwohnern, betrug beispielsweise die Zahl der Staatsbeamten 1857 noch 3,48 % der Bevölkerung, das waren 17 leibhaftige Beamte, sie sank nach dem Ausgleich im Jahr 1869 auf 2,35 %, auf 13 Beamte ab, sogar auf 1,65 %, 11 Beamte, im Jahr 1879, und stieg erst dann wieder kräftig an – auf 7,73 % im Jahr 1910, das waren immerhin 66 Beamte. Allerdings war 1910 die Einwohnerzahl im Ernst Bruckmüller, Hans Heiss (= Bürgertum in der Habsburgermonarchie II, Wien/Köln/Wei- mar 1992) , S. 337–345. 437 EHRHART, Im Dienste, S. 71; siehe auch HEINDL, Zum cisleithaischen Beamtentum, S. 1204. 438 So die Erzählungen von FASSE und MARKOVÁ-JEŘÁBKOVÁ. In: VOŠALÍKOVÁ, Von Amts wegen, S. 263, 344–347, 338–342. 439 HANNES STEKL und HANS HEISS, Klein- und mittelstädtische Lebenswelten. In: Die Habsburgermonarchie 1848–1918, IX: Soziale Strukturen, 1.Teil: Von der feudal-agrarischen zur bürgerlich-industriellen Gesellschaft, 1. Teilband: Lebens- und Arbeitswelten in der industriellen Revolution (Wien 2010), S. 562. 440 KÜHSCHELM, Bürgertum in Cisleithanien, S. 872.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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