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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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VI. Inszenierungen 238 Selbstverständlichkeit, dass ihnen bei der Lektüre ständig bewusst ist, dass jede einzelne Darstellung vom beamteten Leben als Spiegel zu sehen ist, durch den das Bild gebrochen durch Beobachtungen sowie Erfahrungen des jeweiligen Erzählers wiedergegeben wird. Historiker/innen werden – um nur ein Beispiel zu nennen – sehr wohl zu berücksichtigen wissen, ob der literarische Autor als Insider, als Beamter, sein Leben verdiente und somit auch als Beamter sprach oder als Au- ßenseiter, als Literat, der seine Erfahrungen mit der Beamtenwelt als „Partei“ oder einfacher Beobachter gemacht hatte. Bei der Bewertung der Bürokratie-Bilder, die von diesen beiden Gruppen der Autoren entworfen wurden, müssen notgedrun- gen Unterschiede sichtbar werden. Quellenkritik gehört zum selbstverständlichen Rüstzeug geschichtswissenschaftlicher Berufe! In unserem Zusammenhang interessiert vor allem, welche Themen, welche Be- sonderheiten, welche bürokratischen Eigenheiten, welche Haltungen von Staats- dienern im Leben, welche Prinzipien, Werte sich in der Literatur widerspiegeln und was als spezifisch „bürokratisch“ angesehen wird. Unter Umständen bedien- ten sich Schriftsteller zur Illustration auch einer von der Kanzleisprache gefärbten Diktion, wie Heimito von Doderer oder Fritz von Herzmanovsky-Orlando. Die Kanzleisprache wirkte wie früher prägend auf die Literatur, wie bereits besprochen wurde.475 Die Bandbreite der Schilderungen von Bürokratie und bürokratischen Vorgän- gen in der österreichischen Literatur ist, wie angedeutet, weit und widersprüch- lich. Aber gerade die Aufdeckung der Widersprüche innerhalb des Beamtentums durch die Autoren entspricht der Realität. Das Prinzip, das der Bürokratie in den Werken der Belletristik zugrunde gelegt wird, ist auf einen einfachen Nenner ge- bracht: die Wahrung der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung. Die Auto- ren gingen mit dieser Aussage nicht fehl. Die Herstellung von Ordnung war und ist die eigentliche Aufgabe von Beamten! Auf das Wie kommt es an. Eine Unzahl von Behörden war mit der Ausführung dieses Prinzips und der Anwendung der entsprechenden Gesetze beschäftigt, und ein Heer von Beamten versuchte in ei- ner hierarchisch geordneten und der Außenwelt nicht ganz verständlichen Welt mit oder gegen die jeweilige Behörde diese Ordnung auf seine Weise herzustellen. So kann auch die Zeichnung des bürokratischen Systems und der Beamten, die diese Ordnung zu hüten berufen waren, durch die Literaten, die in der Regel einen anderen Ordnungsbegriff als die Beamten haben, nicht anders als wider- sprüchlich ausfallen. Auf die Zeichnung der unheimlichen, irrationalen Macht 475 Siehe Kapitel „Amtsstil und Kanzleisprache“.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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