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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 239 der Bürokratie durch Kafka wurde bereits ausführlich eingegangen.476 Fritz von Herzmanovsky-Orlando dagegen wählte Ironie und Zynismus, um die (ebenfalls dämonischen) Absurditäten der Bürokratie zu brandmarken477 – um nur zwei völ- lig konträre Beispiele zu nennen. Es gibt dementsprechend in der Literatur eine erkleckliche Anzahl von sehr verschieden gezeichneten (mehr oder weniger fiktiven) Beamtenporträts. Er- wähnt, da bekannt und immer wieder als Prototyp herangezogen, sei die Figur des Bezirkshauptmanns Trotta in Joseph Roths „Radetzkymarsch“, der den Ty- pus des loyalen, kaisertreuen Beamten verkörpert.478 Korrekt, unerschütterlich an sein Ideal, den obersten Dienstherrn Franz Joseph glaubend, gestaltet er seine Gewohnheiten nach dem Vorbild „seines“ Kaisers im Amts- und Privatleben. Das Vorbild des Vaters sollte wiederum die Welt seines Sohnes bestimmen.479 Es gibt eine Reihe von Beamtenfiguren in Heimito von Doderers Romanen, zum Beispiel in der „Strudelhofstiege“ den Amtsrat Melzer in der staatlichen Tabakregie, der in der Ersten Republik aus der „Tiefe der Jahre“, also aus der Zeit der Monarchie, kommt. Es gibt den Amtsrat Zihal, der erst, nachdem er seine Beamtenexistenz aufgab, zum wirklichen Menschen wird.480 Es gibt, wie erwähnt, absurde Figuren in den Werken des Beamtensohnes Fritz von Herzmanovsky-Orlando, allen voran den Beamten Eynhuf im Roman „Der Gaulschreck im Rosennetz“ und die Bü- rokraten im „Maskenspiel der Genien“.481 Hofrat Winkler in Arthur Schnitzlers Drama „Professor Bernhardi“ sieht die gesamte Bandbreite der Problematik einer Beamtenexistenz zwischen gehorsamer Angepasstheit und rebellischer Anarchie.482 Der Sektionschef im Unterrichtsministerium Leonidas in Franz Werfels Novelle „Eine blaßblaue Frauenschrift“ dagegen ist als Opportunist angepasst, auf seine Karriere bedacht, er setzt die Tradition des k. k. beziehungsweise k. u. k. Beam- 476 Vgl. HEINDL, Gehorsame Rebellen, Kapitel: Franz Kafka und die irrationale Bürokratie, S.  357–362. 477 SCHMIDT-DENGLER, Der Herr im Homespun, S. 110 und 113 ff. 478 MAGRIS, Der Habsburgische Mythos, S. 16 ff. 479 JOSEPH ROTH, Radetzkymarsch (Ersterscheinung 1932). 480 HEIMITO von DODERER, Die Strudelhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre (Erster- scheinung München 1951); HEIMITO von DODERER, Die erleuchteten Fenster oder die Menschwerdung des Amtsrates Julius Zihal (Ersterscheinung München 1950). 481 FRITZ von HERZMANOVSK�-OLANDO, Der Gaulschreck im Rosennetz. Eine Wiener Schnurre aus dem modernen Barock (Erstausgabe 1957). Maskenspiel der Genien (Erstausgabe 1958). 482 ARTHUR SCHNITZLER, Professor Bernhardi (Ersterscheinung 1912); siehe auch HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 13.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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