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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 275 Die Briefe enthüllen die sehr starke Beziehung, die Ludwig Janikowski zum Schriftsteller und kritischen Publizisten Karl Kraus entwickelte. Die Beteuerun- gen der Freundschaft, Wertschätzung und Zuneigung bilden den Hauptteil der Briefe. „Mein Karl, mein heißgeliebter, mein tief verehrter, mein enthusiastisch und schwärmerisch bewunderter Freund – das große Glück, die große Wonne, der einzige Haupttreffer meines Lebens“, so lautet beispielsweise der Beginn ei- nes Briefes während seines zweiten, mehr als achtmonatigen Aufenthalts in Stein- hof.597 Karl Kraus verfasste am 30. September 1911 in der „Fackel“ einen rührenden Nachruf:598 „Den Freunden der Fackel wird gemeldet, daß ihr bester Freund, mein lieber Ludwig Ritter von Janikowski, Doktor juris und Inspektor im Eisen- bahnministerium, geboren am 24. Juli 1868 in Krakau, am 18. Juli 1911 in einem Sanatorium bei Warschau gestorben und am 23. September in Krakau feierlich beerdigt worden ist. Unsern geistigen Bund, der von 1904 bis zu seiner tödlichen Erkrankung im Jahre 1909 dauerte, überlebt meine Dankbarkeit. Dieser tief geistige und tief gü- tige Mensch, den keine Lebensplage um den inneren Reichtum betrügen konnte, war nicht Schriftsteller, stand aber künstlerischen Dingen in einem so wahren und erhabenen Sinne nah, daß nur ein schöpferischer Zufall an ihm den Künstler ver- säumt zu haben schien. Mit seinem Feuer und seiner Liebe umfing er mein Werk, in welchem er als erster die geistige Perspektive jener Geringfügigkeiten erkannte, die die Blindheit für den Inhalt nimmt. Seine Erkenntnis war mir Bestätigung, seine Bestätigung mitschaffende Tat. Er hat, der im deutschen Sprachgeist hun- dert deutschen Schreibern überlegene Nichtdeutsche, an und mit mir den Geist erlebt und die Sprache, und meine Leistung wuchs an seiner Begeisterung. Er hat um die Kunst gewußt und um die Opfer, die ihre Eitelkeit kostet. Ich habe ihm ,Sittlichkeit und Kriminalität‘ gewidmet, das Buch, an dessen Feilung er beteiligt war wie an der Herausgabe der ,Sprüche und Widersprüche‘, für deren Mitkor- rektur ich ihm hier gedankt habe. Solange Leben gewährt ist, einen Verlust zu beklagen, so lange wird es ein Jam- mer sein, daß dieser aus Geist und Güte geschaffene Mensch nicht mehr lebt. Aber sein Verlust ist nicht schmerzlicher als die Erhaltung der Vielen, die niedrig sind und doch einem unerforschlichen Ratschluß zufolge am Leben. Und der bes- 597 Janikowski an Karl Kraus, Juni 1910, H.I.N. 174.163, WIENBIBLIOTHEK IM RATHAUS, Handschriftensammlung. 598 DIE FACKEL Nr. 331 / 332, XIII. Jahr, September 1911.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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