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120 | Kommunen im Klimawandel
terer Steuerungsapparate zum Ausdruck kommen, wie bspw. in verinnerlichten Risi-
koszenarien oder moralischen Werten sowie auch in architektonischen oder räumli-
chen Konfigurationen (Füller und Marquardt 2009).
„Der Kontaktpunkt, an dem die Form der Lenkung der Individuen durch andere mit der Weise
ihrer Selbstführung verknüpft ist, kann nach meiner Auffassung Regierung genannt werden. In
der weiten Bedeutung des Wortes ist Regierung nicht eine Weise, Menschen zu zwingen, das
zu tun, was der Regierende will; vielmehr ist sie immer ein bewegliches Gleichgewicht mit
Ergänzungen und Konflikten zwischen Techniken, die Zwang sicherstellen, und Prozessen,
durch die das Selbst durch sich selbst konstruiert und modifiziert wird.“ (Foucault 1993 zit.
nach Lemke et al. 2000: 29)
Regieren heißt daher nicht, sich selbst oder andere zu etwas zu zwingen und sie so in
ihrer Handlungsfreiheit einzuschränken, sondern muss stattdessen als eine subtile
Kombination aus interner und externer Lenkung verstanden werden, die das mögli-
che Handlungsfeld strukturieren und so die Wahrscheinlichkeit bzw. (Un-)Möglich-
keit verschiedener Verhaltensweisen beeinflussen (Foucault 2005c). Das Ausüben
von Macht durch Regierungshandeln wird damit zu einem „Management der Mög-
lichkeiten“ (Lemke 2011: 18). Regierung
„[…] ist ein Ensemble aus Handlungen, die sich auf mögliches Handeln richten, und operiert
in einem Feld von Möglichkeiten für das Verhalten handelnder Subjekte. Sie bietet Anreize,
verleitet, verführt, erleichtert oder erschwert, sie erweitert Handlungsmöglichkeiten oder
schränkt sie ein, sie erhöht oder senkt die Wahrscheinlichkeit von Handlungen, und im Grenz-
fall erzwingt oder verhindert sie Handlungen, aber stets richtet sie sich auf handelnde Subjekte,
insofern sie handeln oder handeln können. Sie ist auf Handeln gerichtetes Handeln.“ (Foucault
2005c: 286)
Dabei will Foucault vordergründig nicht zeigen, dass bzw. wie sich Formen der Re-
gierung in allen Gesellschaftsbereichen ausweiten, sondern es geht ihm um die Iden-
tifizierung spezifischer Regierungsrationalitäten, „die es ermöglichen, ihre unter-
schiedlichen Gegenstandsbereiche zu ordnen und sie an verschiedenen Zwecken aus-
zurichten“ (Lemke 2001: 112). Dies erfordert eine Analyse der unterschiedlichen Re-
gierungskünste, das heißt, der „[…] Gesamtheit von Prozeduren, Techniken, Metho-
den, welche die Lenkung der Menschen untereinander gewährleisten […]“ (Foucault
1996a: 118f.). Regierung bezieht sich dabei jedoch nur auf solche Machtverhältnisse,
die auf rational-kalkulierten Programmen oder Wissensformen beruhen und die von
Techniken der Steuerung und Regulierung menschlichen Verhaltens begleitet wer-
den. Es handelt sich bei Regierung somit um mehr oder weniger systematisierte, ge-
regelte und reflektierte Techniken, die über eine spontane Machtausübung hinausge-
hen, indem sie einer bestimmten Form des Denkens (Rationalität) folgen, die auch
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315