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246 | Kommunen im Klimawandel
„Instruments do not mirror aspects of a naturally given political reality; they programme the
doing of a particular political reality. Making knowledge about them is a process of construc-
ting political order in correspondence with a model that describes it. It can thus be said that the
articulation of instrumental models is itself a form of governing, a fundamental, ontological
mode of governing that works by suggesting realities of governance for collective enactment.“
(ebd.: 129; Hervorhebung im Original)
Für eine Analytik der Regierung bedeutet dies, dass das Verhältnis von Rationalitäten
zu Technologien nicht einseitig, sondern wechselseitig ist. Zwar geben Rationalitäten
vor, welche Methoden der Problemlösung als geeignet und rational erscheinen;
gleichzeitig gehen diese Regierungstechniken aber eine Wechselwirkung mit den do-
minanten Rationalitäten ein, sodass in perlokutionär-performativen Prozessen die
Rationalitäten reiteriert und damit stabilisiert oder angegriffen und verändert werden
können. An einem praktischen Beispiel soll nun verdeutlicht werden, wie sich die
politischen Rationalitäten des kommunalen Klimaschutzes und die Regierungstech-
nologie Best Practice gegenseitig beeinflussen und anpassen.
„Es gibt Begriffe, […] die stehen immer drin, wenn es irgendwie darum geht, irgendwo Geld
zu beantragen, oder wenn man so Stichworte bringen muss, dann fallen die auch. Wir benutzen
die auch. Also wir haben jetzt als Lieblingsvokabel Reallabor. […] Dabei muss man unter-
scheiden zwischen dem echten Einlösen und diesem sozialen Artefakt. Also wir können uns
jetzt alle gemeinsam einreden, dass wir ein ‚real lab‘ sind […], wir schreiben jetzt überall rein,
dass wir ein Reallabor sind, und wenn wir es oft genug geschrieben haben, dann kriegen wir
auch Geld dafür und dann sind wir auch eins.“ (IK-3, 2015: 6-10)
„Reallabor! […] Wenn du das in einen Antrag reinschreibst, dann kriegst du den Antrag. […]
Innovation, Reallabor – haste nicht gesehen. Man muss nur wissen, welche Modeworte man
reinschreibt.“ (IK-6, 2015: 71-75)
Die Herausforderung für Klimaschutzmanager ist – wie diese beiden Zitate verdeut-
lichen –, dass sie, wenn sie weiterhin Fördergelder bekommen wollen, eine Sprache
benutzen können müssen, die bei den Förderinstitutionen auf ein offenes Ohr trifft;
das heißt, sie müssen nicht nur gehört, sondern auch verstanden werden und ihre
Überzeugungen und Vorstellungen von gutem Klimaschutz denen der Förderinstitu-
tionen entsprechen. Best Practice-Beispiele helfen ihnen dabei, den gewünschten,
durch die Fördermittelgeber vorgegebenen Diskurs – also die politischen Rationali-
täten – zu rezitieren, um zu zeigen, dass die betreffende Kommune diese program-
matischen Logiken erfüllen bzw. umzusetzen kann, um sich so eine Weiterfinanzie-
rung der Klimaschutzaktivitäten zu sichern. In den Anträgen und Best Practice-Be-
schreibungen werden daher gezielt Begrifflichkeiten dieses Diskurses, wie bspw. Re-
allabor, Innovation, Effizienz, Transformation, Experimentieren etc. (vgl. Kapitel
#Klima\Wandel ist regierbar), genutzt, auch wenn die Praxis vor Ort häufig anders
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315