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„Best Practice ist eine Geschichte“ | 271
wirkt auch die Regierungstechnologie „Best Practice“ legitimierend und überzeu-
gend anstatt transformativ und kreativ erneuernd.
Schlussendlich hat meine Arbeit verdeutlicht, dass zu den Hauptgründen des Er-
folgs der Regierungstechnik “Best Practices” folgende fünf Punkte zählen (vgl. Vet-
toretto 2009): Erstens die radikale Unsicherheit in Bezug auf das Phänomen „Klima-
wandel“, die kognitive und symbolische sowie materielle Ressourcen fordert, die
Best Practices anbieten (vgl. Kapitel #Klimawandel als Politikproblem). Zweitens
eine pluralistische, multiskalare und nicht-hierarchische Klimagovernance, die ein-
vernehmliche weiche Regulierungs- und Planungsinstrumente sowie einen politi-
schen Konsens erfordert, der insbesondere durch interaktive und kommunikative
Prozesse wie den Best Practice-Austausch konstruiert wird (vgl. Kapitel #Klimapo-
litik als MLG-Problem). Drittens, sorgt die große Vielfalt divergierender politischer
Rahmenbedingungen im politisch hochsensiblen Politikfeld „Klimawandel“ dafür,
dass die Bedeutung von Kontext- und Erfahrungswissen (in Form von Best Practices)
zunimmt (vgl. Kapitel #Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements 1
und #„Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“?!). Viertens, macht die wachsende Be-
deutung von interkommunalen Vergleichen und Evaluationen im Angesicht der Viel-
zahl von Erfahrungen – in Zeiten unterschiedlicher kultureller und kognitiver Rah-
menbedingungen in Europa – und der gleichzeitige Wunsch, eine gemeinsame Per-
spektive für eine kohärentere Planung und Politikgestaltung zu finden, die diese Un-
terschiede erheblich berücksichtigen könnte, ein Regieren durch Best Practices at-
traktiv (vgl. Kapitel #Klima\Wandel ist regierbar). Fünftens werden Best Practices –
wie bereits von mit anhand der unterschiedlichen Funktionen aufgezeigt – als strate-
gische und symbolische Ressourcen genutzt; insbesondere als lokale Strategien der
politischen Legitimation, zum Fundraising und Place-Marketing und zum politischen
Lobbying (vgl. Kapitel #„Gebt uns gute Beispiele!“).
Auch wenn das Potenzial für rasche Verbesserungen bei Energieeffizienz, im
Verkehr, der Nutzung erneuerbarer Energien usw. durch die Diffusion und Adaption
guter Praxisbeispiele eher gering ist, sollte die Wirkmächtigkeit der Regierungstech-
nologie „Best Practice“ nicht unterschätzt werden. Meine Untersuchungen zeigen,
dass sich die Regierungstechnologie „Best Practice“ durchaus über ihre verschiede-
nen Funktionen von ihrer Rationalität des „Prinzips der Nachahmung“ emanzipieren
und ein Eigenleben entfalten kann, was schlussendlich auch zur schrittweisen Verän-
derung der dominanten Rationalität des Klimaschutzmanagements führen kann.
Wenn es gelingt, aus Best Practices Geschichten zu machen, die nicht nur beschrei-
ben, „was schon alles Tolles vor Ort passiert“ (F-171116-Frankfurt) und damit eine
Illusion des Gelingens erschaffen, sondern die auch von den nötigen Voraussetzun-
gen, Hürden, Problemen, Herausforderungen und Momenten des Scheiterns erzählen,
dann könnte die Pluralität der Geschichten mehr Wirkung entfalten. Best Practice-
Beispiele (nicht Blaupausen oder Leuchttürme) sind unverzichtbar angesichts des
Bedarfs an lokal und regional unterschiedlichen Strategien und Lösungen, die nicht
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315