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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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allein nicht zu befriedigende Bedürfnis nach Anerkennung, Schutz und Ge- borgenheit im Kreis Gleichgesinnter, eben „unter seinesgleichen“. Von die- sem „Vorurteil“ (in der positiven Bedeutung des Begriffs im Sinne Hans-Ge- org Gadamers) geht die vorliegende Studie aus, in der, mitunter implizit, immer wieder Facetten traditionaler Herrschaft zum Thema werden. Der Ständegedanke eignet sich hervorragend, neben den Brüchen im ge- schichtlichen Verlauf auch Kontinuitäten sichtbar zu machen. Die Arbeit entspringt der Überzeugung, dass es Aufgabe der Historiker ist, auch Ge- danken zu ihrem Recht kommen zu lassen, aus denen sich die jeweils aner- kannte Meistererzählung gerade nicht speist. Eine Fülle bislang völlig un- berücksichtigt gebliebener Äußerungen wichtiger Personengruppen machte dies zu einem lohnenden Unternehmen: Möge das Ergebnis auch jenen Ver- tretern der österreichischen Zeitgeschichtsforschung, die mit den Jahren 1933–1938 hart ins Gericht gehen, eine Auseinandersetzung wert sein! Freilich leben auch Historiker in einer Zeit, er-leben diese, mitunter im Bewusstsein der eigenen Ohnmacht, sie in dem Maße mitzugestalten, wie sie es möchten. „In Wahrheit gehört die Geschichte nicht uns, sondern wir gehören ihr“, stellte Gadamer bescheiden fest. Damit meinte er, dass unser persönlicher Erfahrungshorizont zu einem Teil der Deutung werden muss, es gar nicht nicht werden kann. Gegenwärtig findet ein politisch-gesell- schaftlicher Umbruch statt, der sich in Gestalt wachsender Beschleunigung, angeblicher Offenheit (recte: Beliebigkeit), abhanden kommender Wertmaß- stäbe und durch eine Reihe von „quasitotalitären Erscheinungen in Gesell- schaft, Staat und Kirche“ bzw. in einem „demokratischen Relativismus“ (Ch. Noser) äußert, also wiederum als Krise der Demokratie. Dazu kommt das durch den Verfall ethischer Standards vorangetriebene Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich, die – neben der schwer angegriffenen Umwelt – mittelfristig wohl größte Gefahr für die Welt. Beides konnte weder durch diktatorische noch durch vermeintlich demokratische, auf die Aufklä- rung sich berufende politische Systeme, die den Menschen nach 1945 die Freiheit wiederzugeben versprachen und in deren Namen agierten, verhin- dert werden. Max Horkheimer und Theodor Adorno beschrieben schon 1944 das drohende Szenario jener Aufklärung, die ob ihrer Sympathien für so- zialen Zwang zu „Verstrickung in blinder Herrschaft“ mutieren kann, und warnten vor der „Selbstzerstörung der Aufklärung“. Nicht anders Reinhart Kosellecks 1954 ausgesprochene und auch zwei Jahrzehnte später nicht zu- rückgenommene Beobachtung, Aufklärung könne absoluter auftreten als jeder Absolutismus, weil sie die Politik moralisiere und zum Zweck der Sta- bilisierung von Herrschaft instrumentalisiert werde. Lässt man diese Ent- wicklung eskalieren, wird der neuerliche Verlust von Freiheit und Demokra- tie im Zeichen eines grausamen Materialismus die unweigerliche Folge sein. VORWORT 13
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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