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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Auch die kurzgefassten Gesamtdarstellungen der Geschichte Österreichs stimmen größtenteils nicht in den Chor der richtenden Historiker ein. In der 1990 erschienenen achten Auflage des „Zöllner“ wird der Begriff „Stän- destaat“ ohne Anführungszeichen, „Austrofaschismus“ hingegen mit Anfüh- rungszeichen verwendet.83 Zöllner räumt zwar ein, dass die Methoden von Dollfuß’ autoritärer Politik „fragwürdig“ und „jedenfalls nicht mehr aktu- ell sind“84, akzentuiert aber auch die Notwendigkeit, sich dem wachsenden Druck aus Deutschland entgegenzustemmen, und betont die prinzipielle Unvereinbarkeit des nationalsozialistischen Gedankenguts mit dem der konservativen Kreise in Österreich.85 In außenpolitischer Hinsicht seien die Handlungsspielräume Österreichs eng gewesen86; den Westen betreffend spricht er von „platonischen Sympathien“.87 Sein Fazit über die „geschichtli- che Stellung“ des „autoritär-ständischen Regimes“ lautet: Es sei nicht wahr- scheinlich, dass ein demokratisches Österreich in der Lage gewesen wäre, auf Dauer dem Dritten Reich zu widerstehen.88 Folgt man der Chronologie des Erscheinens der Werke, so hat die Auf- merksamkeit an dieser Stelle der seit 2006 vorliegenden englischsprachigen Gesamtdarstellung der Geschichte Österreichs des britisch-amerikanischen Historikers Steven Beller zu gelten. Er verwendet zwar das Wort „Austro- faschismus“, aber doch eher als (terminologisch kaum thematisierten) Kon- ventionsbegriff, nicht in der Absicht, das Regime dezidiert als faschistisch zu verurteilen.89 Auch Dollfuß wird nicht vor den Richterstuhl geholt: Eher als politisch anfechtbare Absichten sei es Mangel an politischer Klugheit und Weitblick gewesen, der sein Handeln bestimmt hätte.90 Seinem System be- scheinigt Beller den Willen zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus, fasst aber beide als „bürgerliche“ Kulturen zusammen, die sich voneinander zwar hinsichtlich der Letztwerte („ultimate loyalities“), aber kaum in den äußeren Formen unterschieden und somit beide im Gegensatz nicht nur zur sozialistischen, sondern auch zur modernen (jüdischen) Kultur stünden.91 Beller zeichnet Schuschnigg als konservativen Katholiken, der zwar auto- 83 Zöllner, Geschichte Österreichs, 523. 84 Zöllner, Geschichte Österreichs, 517. 85 Zöllner, Geschichte Österreichs, 512 f. 86 Zöllner, Geschichte Österreichs, 518–521. 87 Zöllner, Geschichte Österreichs, 524. 88 Zöllner, Geschichte Österreichs, 523. 89 Ähnlich der amerikanische Historiker John Connelly: „Austrofascism moved not toward revolution but toward a more uniform bureaucratic authoritarianism, evolving into a con- servative caretaker regime“; connelly, From Enemy, 105. 90 beller, A Concise History, 222. 91 beller, A Concise History, 224 f. 1. DAS ERKENNTNISINTERESSE28
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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