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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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viele suchten daher die Annäherung an das Deutsche Reich.183 Der Protes- tantismus wirkte auch als Bezugspunkt für die Anhänger der Los-von-Rom- Bewegung.184 Daraus entstand das Odium deutschnationaler, wenn nicht nationalsozialistischer Sympathie.185 Dies war nicht nur Bundeskanzler Schuschniggs Einschätzung, sondern auch lokale Behörden reagierten hie- rauf sensibel, selbst im Umgang mit Geistlichen.186 Walter Adam warf den Protestanten geradezu die Förderung staatsfeindlicher Ideen vor.187 Das offizielle Österreich teilte die Evangelischen in Neu- und Altprotes- tanten ein. Die Letzteren wurden akzeptiert, weil sie schon lange in Öster- reich lebten und sich daher zu diesem Staat bekannten; gegen die Neupro- testanten, die sich aus der österreichischem Wesen fremden Anhängerschaft Georg von Schönerers rekrutierten, bestanden hingegen Vorbehalte.188 Der Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer verwendete den für die evan- gelischen Christen neuralgischen Begriff „Gegenreformation“189, und zu die- sem Bekenntnis Übertretende wurden mitunter zwangsweise psychiatrisch behandelt oder bestraft, weil man Konversionen für politische Bekenntnisse zu Sozialdemokratie oder Nationalsozialismus hielt.190 Der österreichische Superintendent, Johannes Heinzelmann, lehnte in einem Schreiben an Bun- deskanzler Schuschnigg vom 14. Dezember 1935 das Wort „Bekenntnis“ für die Beziehung der evangelischen Christen zum Ständestaat unter den ge- gebenen Umständen ausdrücklich ab, sicherte dessen „Anerkennung“ aber zu.191 Nach der damaligen Wahrnehmung des obersten Vertreters der evangeli- schen Kirche in Österreich war eine „Auslieferung des gesamten öffentlichen 183 barton, Evangelisch, 171; ebner, Politische Katholizismen, 175–178; Gober, Schule, 98– 101; PutscheK, Ständische Verfassung, 25 und 63 f.; reinGrabner, Protestanten, 266 f.; se- liGer, Scheinparlamentarismus, 378 f. 184 reinGrabner, Eine Wiener Predigt, 252 f.; G. P. schwarZ, Ständestaat, 8–11; seliGer, Scheinparlamentarismus, 231. 185 K. bauer, Elementarereignis, 165–167 und 185. 186 G. P. schwarZ, Ständestaat, 13–16. 187 G. P. schwarZ, Ständestaat, 51; tálos, Herrschaftssystem (2013), 252 f. 188 G. P. schwarZ, Ständestaat, 78. 189 Vgl. einen offenen Brief des evangelischen Superintendenten Johannes Heinzelmann vom 10. 1. 1935 an Außenminister Egon Berger-Waldenegg über die Unzufriedenheit der evan- gelischen Christen Österreichs mit ihrer Lage; aebi et al., Gegenreformation, 4 f.; vgl. auch ebd., 48. Zu dieser nicht in jeder Hinsicht objektiven Publikation vgl. G. P. schwarZ, Stän- destaat, 90–92. 190 barton, Evangelisch, 169; vgl. hierzu aber kritisch G. P. schwarZ, Ständestaat, 24; tálos, Herrschaftssystem (2013), 122 f. 191 aebi et al., Gegenreformation, 6 f.; zu seiner Haltung insgesamt dreidemy, Der Dollfuß-My- thos, 88 f. 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN76
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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