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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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deren Ziel das Gemeinwohl384 war, forderte, jede wirtschaftliche Tätigkeit solle auf Solidarität beruhen. Im Sinne der „Sozialpolitik“ wurde die beste- hende kapitalistische Eigentumsordnung nicht angetastet und die Markt- wirtschaft nicht prinzipiell ausgeschlossen, aber die Möglichkeit einer Kor- rektur derselben durch die sittlichen Forderungen der Gerechtigkeit und Liebe vorgesehen.385 Die parlamentarische Demokratie fand grundsätzliche Zustimmung.386 Peschs Verständnis der Gesellschaft war das eines Leis- tungsorganismus, der durch solidarische Verbundenheit der Glieder nach dem Prinzip der Freiwilligkeit gedeihe.387 Die Lehre ging von der Natur des Menschen aus, der sowohl Individuum als auch soziales Wesen sei.388 Die Solidarität galt als Ausdruck der wesens- mäßigen Verbundenheit der Menschen. Es war jene beim Personsein und bei der wesensmäßigen Gleichwertigkeit aller aufgrund der Gottebenbild- lichkeit ansetzende „organische“ Solidarität, die Emile Durkheim von der „mechanischen“ unterschied. Hervorgehoben wurde aber auch die natürliche Begrenzung der menschlichen Individualität, verbunden mit der der zutei- lenden Gerechtigkeit (Kap. 5.4) geschuldeten Einsicht, die Menschen wären zwar nicht gleichartig, aber gleichwertig.389 Im Zentrum von Peschs Denken stand der Gedanke des Dienens, für ihn der vornehmste, den es in einer Gemeinschaft geben könne. Ziel sei die ge- ordnete Einfügung aller Bestrebungen in einen gemeinsamen moralischen Zweck, nicht eine nützliche Vereinbarung, letztendlich die Suche nach Aus- gleich zwischen dem Einzelnen und der subsidiär ihm dienenden Gesell- schaft.390 Franz Zehentbauer, der 1925 im NR Peschs Lehrbuch der Natio- nalökonomie wohlwollend rezensierte, zitierte als dessen Quintessenz den Satz „Was moralisch falsch ist, kann nicht politisch richtig sein“.391 Kurt Schuschnigg studierte dieses Werk eingehend in der Zeit seiner Sachsenhau- sener Haft.392 1926 traf es Johannes Messner, einen Nachruf auf Pesch zu verfassen: Er bescheinigte ihm eine gelungene Verbindung von Wissenschaft und Leben und von Sozialökonomie und Sozialethik und teilte die Forde- 384 hättich, Wirtschaftsordnung, 19–22. 385 beyer, Ständeideologien, 119 f.; meyer, Stand, 219 f.; roos, Entstehung, 109. 386 bohn, Ständestaatskonzepte, 51; mayer-tasch, Korporativismus, 60. 387 A. rauscher, Personalität, 25. 388 beyer, Ständeideologien, 124–127; bohn, Ständestaatskonzepte, 49 f.; mayer-tasch, Korpo- rativismus, 50–53; A. rauscher, Personalität, 14 f. 389 nothelle-wildfeuer, Die Sozialprinzipien, 151–154; A. rauscher, Personalität, 11. 390 diamant, Katholiken, 146–151; A. rauscher, Die soziale Natur, 28 und 35 f.; senft, Im Vor- feld, 76 f.; sieGfried, Universalismus, 136–141. 391 NR 17. 1. 1925 (F. Zehentbauer). 392 binder/H. schuschniGG, „Sofort vernichten“, 325 und 359. 3.3 DIE „GESELLSCHAFTSREFORM“ AUF CHRISTLICH-SOZIALER GRUNDLAGE 95
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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