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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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konkrete Verfassung. Mussolinis Korporativmodell beurteilte er sehr zu- rückhaltend, weil es das Subsidiaritätsprinzip verletze und die Trennung von Staat und Gesellschaft vereitle.425 Mit derselben Begründung warnten die österreichischen Bischöfe vor faschistischen Einflüssen, die auf Öster- reich ausstrahlen könnten.426 Für Anton Klotz war ebenfalls klar, dass die Grundsätze von QA im faschistischen Italien nicht verwirklicht seien.427 Die fundierteste Klarstellung erfolgte von Seiten des Sozialwissenschaf- ters Johannes Messner428, der über seinen Brixner Lehrer Sigismund Waitz mit dem Denken Franz Martin Schindlers vertraut geworden war und es weitertrug.429 Er stand, jedenfalls äußerlich, loyal zur Politik der Bundes- kanzler Dollfuß und Schuschnigg430, erklärte aber, dass er den autoritären Staat als Übergangslösung betrachtete.431 Erwähnung verdient seine Präferenz des Begriffs „Gemeinschaft“ vor „Solidarität“: Gemeinschaft sei eine ursprüngliche Idee der Sozialethik, auf das Gemeinwohl orientiert, Solidarität hingegen ein abgeleitetes Prinzip, auf den Ausgleich von Interessen bedacht, und habe einen utilitaristischen Zug.432 Anfänglich stand Messner den „Romantikern“ nahe; später distan- zierte er sich jedoch von diesen.433 Vogelsangs Abneigung gegen den Wettbe- werb teilte er nicht; im Appell an die Gesamtverantwortung des Wirtschafts- treibenden sah er eine hinreichende Sicherung gegen Missbrauch. Er trat für Parität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Subsidiarität und Selbstverwaltung ein. Zwischen Kapitalismus und berufsständischer Ordnung sah er keine Unvereinbarkeit, denn die Leistungsverpflichtung des Individuums diene auch dem Gemeinwohl.434 Die berufsständische Ordnung, 425 mayer-tasch, Korporativismus, 66; PelinKa, Stand, 253–257; reichhold, Opposition, 26; J. reiter, Entstehung, 263 f.; wohnout, Verfassungstheorie, 47 f.; wohnout, Regierungsdik- tatur, 49–52. 426 liebmann, Kirche und Politik, 33. 427 KlotZ, Probleme 2, 165 f.; vgl. mayer-tasch, Korporativismus, 145. 428 1935 erhielt Messner eine Lehrkanzel für Ethik und Christliche Sozialwissenschaften an der Universität Wien, die er 1938 verlor; nach einer längeren Zeit in Großbritannien kehrte er 1949 wieder dorthin zurück; weiler, Ethik, 38. 429 PytliK, Berufsständische Ordnung, 27; roos, Entstehung, 112; weiler, Ethik, 37. 430 Zu möglichen Abstrichen von diesem Bild ebner, Politische Katholizismen, 198 f.; rumPler, Ständestaat, 230. 431 busshoff, Dollfuß-Regime, 14; neGer, Verfassung, 35; PytliK, Berufsständische Ordnung, 46 f., 50–55, 60 und 96–99; streitenberGer, Leitbild, 163 und 171. 432 huber, Die Verfassung, 22; PytliK, Berufsständische Ordnung, 29–31 und 120; senft, Im Vorfeld, 78 f. 433 diamant, Katholiken, 175 f.; Klose, Geistige Grundlagen, 55; PytliK, Berufsständische Ord- nung, 57. 434 streitenberGer, Leitbild, 180 f.; wohnout, Verfassungstheorie, 103. 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN100
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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