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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Wesen der Gesellschaft verkenne und zu jener „absoluten Demokratie“ führe, an der die Gegenwart kranke.31 Von den Mandataren distanzierten sich am klarsten Hans Karl Zeßner-Spitzenberg32 und Clemens Holzmeister.33 Friedrich Funder34, Otto Ender35 oder Johann Stigleitner sahen einen Zusammenhang mit der republikanischen Verfassung: Die Haltung, in der Gesellschaft nur die Summe der Einzelwesen zu sehen, so Letzterer, sei in Republiken eher anzutreffen als in Monarchien. Sein Ideal war der Univer- salismus mit dem Bild des Ganzen, das mehr sei als die Summe der Teile.36 Für Rudolf Henz stellten die „perfekten Individualisten, die Prometheus als ihren Gott verehren“ und die „Massenmenschen, die ihren Henkern zuju- beln“37, nur zwei Seiten ein und derselben Medaille dar; beide hätten auch den Leviathan begünstigt.38 Im omnipotenten Staat, der der gestaltlosen Masse Herr werden müsse, sah er eine Wurzel des Nationalsozialismus.39 Die Zeitschrift StL machte auf negative wirtschaftliche Folgen des Indivi- dualismus aufmerksam.40 Hermann Struber beschrieb den Nexus zwischen Wirtschaft und Ethik: Die Weltwirtschaftskrise habe „Habsucht und Eigen- nutz in einer hemmungslosen Weise“ gefördert, die Inflation die Sparer zu Bettlern gemacht, die Schuldner hingegen entlastet und deren „Moral“ zer- stört.41 Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi sprach von einem „sittliche(n) Verfall“ der Wirtschaft.42 Durch den Egoismus der zu echten sozialen Bindungen unfähig geworde- nen Individuen, so der Tenor aller genannten Äußerungen, sei der Gesell- schaftsvertrag notwendig geworden, in seiner Substanz die Mitte zwischen Despotismus und Anarchie und mit keinerlei höherer Autorität ausgestattet, das, was es brauche, wenn das Soziale nicht mehr in der Natur des Men- schen gesehen wird43 und wenn das Ganze seine Priorität gegenüber den 31 SZ 27. 6. 1926 (J. eberle). 32 CS 3. 5. 1936 (H. K. Zeßner-sPitZenberG). 33 Knofler, Clemens Holzmeister, 30. 34 W. lorenZ, Funder, 9. 35 mosser, Legitimismus, 107. 36 stiGleitner, Volkswirtschaftslehre, 16 f. 37 Zit. nach suchy, Utopie, 227. 38 henZ, Österreich, 60; vgl. rembold, Das Bild, 111–116. 39 henZ, Fügung, 94. 40 StL 1931, 145–148 (F. mücK). 41 struber, Österreichs Wiederaufbau, 44; ähnlich rintelen, Erinnerungen, 173; vgl. newman, Zerstörung, 294. 42 coudenhove-KalerGi, Held, 116. 43 KlotZ, Probleme 2, 157; vgl. hanisch, Konservatives und revolutionäres Denken, 184 und 224; PelinKa, Die politische Theorie, 17; A. rauscher, Die soziale Natur, 29–31; rembold, Das Bild, 355. 4. DIE POLITISCH-GESELLSCHAFTLICHE LAGECHER KREISE184
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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