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Ostens“ vermählt.89 Argumente, die seine These erhärteten90, fand er beim
liberalismus- und demokratiefeindlichen spanischen Politiker und Staats-
philosophen Juan Donoso Cortés.91
Adolf Lenz bemerkte, die kommunistisch-kollektivistischen Lehren klän-
gen zwar altruistisch, dienten in Wirklichkeit aber „meist nur zur Beschö-
nigung des krassesten Egoismus“.92 Karl Lugmayer hob den totalitären
Charakter des Marxismus/Bolschewismus hervor; als Varianten nannte er
Faschismus und Nationalsozialismus; die Gemeinsamkeiten zwischen die-
sen Ideologien waren für ihn93 ebenso augenscheinlich wie für Johannes
Messner94, Erich Hula95 oder Engelbert Dollfuß.96 Als Indikatoren dieser
geistigen Verwandtschaft, allesamt Folgen von 1789, nannte das NR Religi-
onsfeindlichkeit, Pietätlosigkeit, Anbetung der Macht und Intoleranz gegen-
über anderen Meinungen.97
Der liberale Staat des 19. Jahrhunderts habe, so Wilhelm Taucher, durch
Auswüchse, die er geduldet habe, das Wiederaufleben des kollektiven Ideals
gefördert; die damit einhergehende Zerstörung der Familie und die Entper-
sönlichung der Arbeit seien zu bedauern.98 Nach Richard Kerschagls Ana-
lyse übernahm Karl Marx vom Liberalismus die Theorie des Egoismus als
Triebfeder allen Wirtschaftens – zugleich eine Quelle des Anarchismus.99
Hans Karl Zeßner-Spitzenberg sah Zusammenhänge zwischen Liberalismus
und Protestantismus:100 Diese in Preußen konkretisierten Ideen seien seit
der Mitte des 19. Jahrhunderts zur „Grundursache des österreichischen Ver-
hängnisses“ geworden.101
Auch Dietrich von Hildebrand setzte Liberalismus, Individualismus und
Kollektivismus in eins:102 Was sie verbinde, sei eine atomistische und mecha-
89 KlotZ, Sturm, 37.
90 KlotZ, Was wird, 26–29.
91 Zu ihm vgl. beneyto, Apokalypse; Koch, Die katholische Soziologie.
92 lenZ, Grundriss, 103.
93 CS 1. 7. 1934 (K. luGmayer).
94 SZ 4. 12. 1932 (J. messner).
95 h. schuschniGG, Die Österreichischen Akademien, 248.
96 v. hildebrand, Engelbert Dollfuß, 13.
97 NR 21. 3. 1931 (B. birK); vgl. seefried, Reich, 212–214, 229 f., 355 und 481.
98 taucher, Gedanken, 53 f.; vgl. auch baumGartner, Arbeit und Erwerb, 45.
99 KerschaGl, Vom Widersinn, 46; in Kerschagls wissenschaftlichem Werk fällt eine Diskre-
panz zwischen den politischen und den wirtschaftlichen Anschauungen auf; er übersah,
dass der Ständestaat, für den er politisch eintrat, seinem Ideal einer freien Wirtschaft wi-
dersprach; B. dachs, Richard Kerschagl, 19–28.
100 Vgl. Glass/serloth, Selbstverständnis, 32.
101 H. K. Zeßner-sPitZenberG, Die Zukunft, 288.
102 Zum Kontext vgl. busshoff, Dollfuß-Regime, 208–220 und 225–228.
4.1 DAS „ERBE“ VON 1789 189
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580