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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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währt habe bzw. ob er häufig abwesend gewesen sei. Derzeit sei es so, dass einige wenige übermäßig viel arbeiteten, während der Großteil nur selten erscheine und auch nicht die nötige fachliche und moralische Qualifikation besitze.220 Diese in späteren Jahrgängen wiederholte und in der SZ ebenfalls aufgegriffene Position221 deckte sich mit den Einschätzungen Walter Hein- richs.222 Dienst am Gemeinwohl bedeutete auch, wie Josef Biederlack SJ schon 1920 dargelegt hatte, die Fähigkeit, sich über Einzelinteressen des Stimm- volks hinwegzusetzen. In den Augen des Innsbrucker Sozialwissenschafters war diese – neben entsprechenden Geistesgaben und der Gebundenheit an das christliche Sittengesetz – eines der entscheidenden Kriterien bei der Auswahl der Parlamentarier.223 Sei sie nicht vorhanden, würden, wie es Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi ausdrückte, aus den Parlamentariern „Geführte statt Führer“, abhängig von den unvernünftigen Leidenschaften der Massen.224 Die Durchsetzung unpopulärer Maßnahmen im Staatsinte- resse bezeichnete er als eines der zentralen Probleme des Parlamentaris- mus.225 In der Wahrnehmung von Eugen Margarétha beherrschten diese Kunst insbesondere die Bundeskanzler Seipel und Dollfuß, die Österreich, gegen den Widerstand politischer Gegner, zu Völkerbundanleihen verholfen hätten.226 Im NR wurden Bedenken gegen die bei demokratischen Wahlen stets präsente Sorge um die Wählergunst laut, durch die, so Max Freiherr von Hussarek, die Verantwortlichkeit des Einzelnen leide und das Pflichtgefühl „mediatisiert“ werde.227 Eugen Margarétha sprach Formen der Demagogie an und nannte Beispiele für die Unterlassung notwendiger Maßnahmen aus Furcht vor den Wählern. Die nach 1918 sichtbar gewordenen Missstände des Parlamentarismus beschrieb er mit Begriffen wie „Obstruktion“, „Ver- leumdung“, „Verunglimpfung von Personen“.228 Obstruktion hemmte auch für Josef Reither das Wirken der gesetzgebenden Körperschaften.229 Franz Rehrl bezeichnete die politischen Auseinandersetzungen der zwanziger und 220 NR 30. 1. 1921. 221 SZ 17. 5. 1931 (A. missonG). 222 dassel, Gegen Parteienstaat, 9–21. 223 NR 29. 2. 1920 (J. biederlacK); ähnliche Appelle NR 29. 11. 1930. 224 coudenhove-KalerGi, Held, 129. 225 coudenhove-KalerGi, Totaler Mensch, 56. 226 CS 16. 12. 1934 (E. marGarétha). 227 NR 7. 11. 1920 (M. v. hussareK); 27. 12. 1924 (M. v. hussarecK); 6. 10. 1928 (Ae. schöPfer). 228 CS 16. 12. 1934 (E. marGarétha). 229 KluGe, Bauern, 324. 4. DIE POLITISCH-GESELLSCHAFTLICHE LAGE200
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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