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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Ein Mandatar, der – bei aller Kritik, die sich auch ihm aufdrängte – ein positives Verhältnis zu den Parteien hatte, ist Carl Vaugoin. Obwohl er sich an der Propaganda für die VF beteiligte, hielt er an der organisatorischen Eigenständigkeit der CSP fest.277 Mit Einschränkungen gilt dies auch für Franz Rehrl. 1930 warnte er davor, den Parlamentarismus pauschal zu verwerfen, nur weil in einigen Ländern das Volk noch nicht reif dafür sei; man müsse an das Bestehende anknüpfen und sich vor Augen halten, dass die eigentliche Stätte der Le- gislative die Parlamentsausschüsse seien; diesen könnte man Vertreter der Berufe (als Fachleute) beistellen, die dasselbe Stimmrecht haben sollten wie die gewählten Volksvertreter.278 Aber er war überzeugt, dass die Stände den sozialen Konflikt nicht gänzlich abschaffen könnten.279 In einem Zeitungs- artikel vom Februar 1934 erläuterte er, den politischen Parteien müsse ge- nommen werden, was sie sich zu viel an Staatsgeschäften angemaßt hät- ten.280 Florian Födermayr deutete zwar den häufigen Wechsel der Regierungen als Versagen des Parlamentarismus281, aber grundsätzlich war auch er nicht gegen die Demokratie; mit Bezug auf die frühen zwanziger Jahre stellte er fest: „Wir hatten die demokratische Republik, aber zu wenig wahrhafte Demokraten.“282 Als Verehrer Seipels schätzte er dessen Eintreten für die „wahre Demokratie“283, und er nahm in Kauf, was Ernst Karl Winter heftig kritisierte284, nämlich dass dadurch dem Autoritarismus Vorschub geleistet wurde.285 Große Wertschätzung empfand Födermayr für den Vorarlberger Politiker Jodok Fink, den ersten Vizekanzler der Republik Österreich und späteren Klubobmann der CSP, dem er einen „wahrhaft demokratische(n) Standpunkt“ bescheinigte; er habe stets die Bedeutung des Wählers unter- strichen und sich gegen die Ernennung von Kandidaten durch Funktionäre ausgesprochen; „parteipolitisches Vordrängen einzelner Streber“286 habe in ihm Misstrauen aufkommen lassen. Alles in allem könne er als einer der 277 staudinGer, Bemühungen, 370; staudinGer, Vaugoin, 156. 278 NR 3. 5. 1930 (F. rehrl). 279 H. dachs, Franz Rehrl, 252; hanisch, Franz Rehrl, 24. 280 H. dachs, Franz Rehrl, 247 f. 281 födermayr, Vom Pflug, 65. 282 födermayr, Vom Pflug, 28. 283 födermayr, Vom Pflug, 27; vgl. K. v. KlemPerer, Ignaz Seipel, 109; orGler, Ständestaat, 124; wandrusZKa, Struktur, 326. 284 heinZ, E. K. Winter, 118. 285 busshoff, Dollfuß-Regime, 180 f. P. huemer, Entstehung, 580; iber, Vom Syllabus, 41; rumPler, Parlamentarismus, 13; wohnout, Regierungsdiktatur, 45. 286 födermayr, Vom Pflug, 127. 4.2 KRITIK AN DER PARLAMENTARISCHEN DEMOKRATIE 205
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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