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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Zustände, zu der es unweigerlich kommen werde, wenn Universitäten nicht mehr sein dürften als staatliche Lehranstalten.71 1933 sprach er mit Blick auf Deutschland seine Sorge deutlicher aus: Wissenschaft könne nicht einem politischen System dienen.72 Vorbehalte gegen Normierungen jeder Art 1945, wenige Tage nach der Freilassung aus vierjähriger nationalsozialis- tischer Haft, erklärte Kurt Schuschnigg in einer Radioansprache, viele Ka- tastrophen der Menschheit seien aus einer Übermacht des Verstandes über das Gewissen zu erklären, was Herzlosigkeit zur Folge habe.73 Der ehema- lige Bundeskanzler sprach hiermit jene für die Neuzeit so charakteristische, von Karl Mannheim als „funktionelle“ Rationalität von der „substantiellen“ unterschiedene Rationalität74 an, die das Einzelne ausschließlich aus allge- meinen Ursachen und Gesetzmäßigkeiten erklärt und in einer weit reichen- den Normierung aller Lebensbereiche zum Ausdruck kommt.75 Auch Richard Meister lehnte eine solche ab: Selbst in der Grammatik, so der Philologe, gebe es den Inbegriff aller möglichen Beziehungen zwischen gedachten Ge- genständen nicht.76 Demselben Denken entsprang die Kritik, die er an der Universitätspolitik der Aufklärung übte: Diese habe übersehen, dass Kultur- leistungen eigenen Gesetzmäßigkeiten unterlägen.77 Die Thun’sche Univer- sitätsreform von 1849 fand hingegen seinen Beifall78, und als 1950 das Habi- litationsgesuch Friedrich Heers von den positivistischen Wiener Historikern abgelehnt wurde, weil seine Arbeiten keine „exakte Methode“ (L. Santifaller) aufwiesen, ergriff Meister Partei für einen, dem eine „synthetische Geistes- geschichte des Abendlandes“ gelungen sei.79 Nicht von ungefähr hielten die Nationalsozialisten Meister nicht für geeignet, die seit 1923 von ihm innege- habte pädagogische Lehrkanzel weiterzuführen.80 71 redlich, Gefährdung. 72 redlich, Krise; vgl. wutte, Oswald Redlich, 61. 73 binder/H. schuschniGG, „Sofort vernichten“, 366. 74 mannheim, Mensch und Gesellschaft, 68 f. 75 mannheim, Konservatismus, 79 und 119. 76 meister, Bildungswerte, 27. 77 lechner, Sinn und Aufgaben, 155 f. 78 breZinKa, Pädagogik, 69; lechner, Sinn und Aufgaben, 158. 79 adunKa, Friedrich Heer, 462 f.; zu diesem „Außenseiter der österreichischen Geschichtswis- senschaft“ vgl. ebner, Politische Katholizismen, 193; fellner, Reichsgeschichte, 363. 80 breZinKa, Pädagogik, 128 und 197; römer/schreiner, Dis-kontinuitäten, 320 f.; wallraf, Kultur, 213. 5. DER MENSCH IST PERSON218
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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