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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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verwandte Begriffe: „Form“, „Gestalt“, „Gefüge“119; auch sah er eine enge Verbindung zum Begriff „Beziehung“.120 Hier lag für ihn der Schlüssel des Erkennens; dieses wiederum setzte er mit Zusammenfügen von Teilordnun- gen zu immer größeren, vollkommeneren Ordnungen durch das Ich gleich: „Vollkommene Erkenntnis besteht in der Erfassung von Ordnung. Ordnung aber ist Einheit in der Vielheit.“121 Diesen Gedanken fand er bei Konfuzius entwickelt, der den Glauben an ein Ursein bewahrt und das Glück der Men- schen von der Übereinstimmung mit dem Naturgesetz erwartet habe.122 Am Denken der Babylonier faszinierte ihn der Gedanke, dass alles irdische Sein und Geschehen einem himmlischen entspreche und dass alle Teilerschei- nungen Spiegelbilder des Ganzen seien.123 Die christliche Lehre erkenne ver- schiedene Seinsstufen, allesamt unterhalb von Gottes Sein, das von jedem anderen ausgesondert sei.124 Ebenbildlichkeit wird somit gleichbedeutend mit Annäherung an das Urbild Gott: „Und wenn die Seinsstufen ihre Stu- fenfolgen einhalten, dann ist die ganze Schöpfung in Ordnung, das heißt: in Seinsbezug.“125 Parallelen zu Lugmayers Ordnungsbegriff finden sich bei Eric Voegelin, dem wissenschaftlichen Verteidiger der Maiverfassung (Kap. 3.9): „Mit Ord- nung ist die erfahrene Struktur der Realität sowie die Einstimmung des Menschen auf eine Ordnung gemeint, die nicht von ihm selbst geschaffen ist – d. h. der Kosmos“.126 Philipp Bugelnig fand im Kosmos die Baugesetze der Gesellschaft, nämlich Einheit, Gleichartigkeit, Vollständigkeit und sinn- volle Ergänzung.127 Eine völlig andere Ordnung, so der dem Ständegedanken ebenfalls gewogene Historiker Alexander Novotny, sei die der Aufklärung, derzufolge erst die menschliche Vernunft und das ihr entspringende Han- deln das Chaos zum Kosmos machten.128 Johannes Messner leitete aus der Natur die Grundprinzipien der Gesellschaftsordnung ab: „Denn jenes Kul- turgesetz ist nichts anderes als das Naturgesetz, das Gesetz, das aus der Natur des Menschen und der Gesellschaft selbst erfließt.“129 Der Mensch sei 119 K. luGmayer, Sein I, 12. 120 K. luGmayer, Sein I, 6. 121 K. luGmayer, Sein II, 75 f. 122 K. luGmayer, Sein II, 7–9 und 68. 123 K. luGmayer, Sein II, 38. 124 K. luGmayer, Sein 1, 28; Sein II, 18 f. 125 K. luGmayer, Sein II, 77. 126 voeGelin, Reflexionen, 95. 127 buGelniG, Der Ständestaat, 11. 128 novotny, Die Donaumonarchie, 61; zur Person des Autors vgl. fellner/corradini, Österrei- chische Geschichtswissenschaft, 299. 129 messner, Ordnung, 6. 5.3 FREIHEIT UND ORDNUNG 223
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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