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onalsozialistischer Haft und empfahl es seinem Onkel Hermann Wopfner.253
Aus demselben Geist heraus beschäftigte er sich in dieser schweren Zeit
auch mit dem ebenfalls dem Renoveau catholique nahestehenden deutschen
Schriftsteller Reinhold Schneider (Macht und Gnade, Philipp der Zweite
oder Religion und Macht).254
„Wer ohne Gott die Welt erklären und dem Menschen Ziele setzen will, des-
sen Denken verflacht sich fast unvermeidlich, und um seine Ethik wittert der
fade und für feinere Sinne widerliche Geruch der Vulgarität“, erklärte Leopold
von Andrian. Er nahm eine stetige Höherentwicklung der „animalischen Seele
[...] durch die immer höheren Gattungen des Tierreichs“ an, die den Einklang
suche „zwischen ihrem Trieb nach Zentrierung und ihrem Gesetz der see-
lisch-leiblichen Entfaltung ins Große und Differenzierte, das ihrem Naturtrieb
eignet“; im Menschen vollende sich diese Entwicklung. Der Wille erhöhe sich
vom „blinden“ über den „schlicht-bewussten“ zum „freien“.255
Im StL erläuterte Edgar Dacqué, es gebe zwar stammesgeschichtliche Zu-
sammenhänge zwischen Mensch und untermenschlicher Natur und eine Viel-
zahl analoger Entwicklungsgesetze, aber größer sei die Zahl der grundlegen-
den Unterschiede: Das Tier sei auf biologische Aspekte reduziert, der Mensch
sei ein Geistwesen, gekennzeichnet von der Bereitschaft, um einer Idee wil-
len auch Opfer zu bringen; die organische Natur sei zwar vorhanden, aber
nicht allein bestimmend.256 Georg Moth aktualisierte diesen Gedanken, in-
dem er Hitlers Glaubenssatz „Der Körper ist die Grundlage des Geistes“ das
Schillerwort „Es ist der Geist, der sich den Körper schafft“ entgegensetzte.257
Konstantin von Hohenlohe bezeichnete die Unterscheidung zwischen Mensch
und Tier als ein Wesensmerkmal des Christentums.258 Die katholische Sozial-
lehre leitete aus diesem Gegensatz die Notwendigkeit von Überlieferung und
Erziehung ab: Der Mensch brauche eine Atmosphäre des Vertrauens und der
Geborgenheit schon deshalb, weil ihm die den niedrigeren Wesen eignende
Instinktsicherheit fehle.259 Im StL propagierte Julius Evola den klassischen
Gedanken der Form als Regulativ des Stoffes. Im indischen Kastenwesen
fand er jene „opferhafte“ Seinsweise verwirklicht, die er der auf cupiditas be-
ruhenden des Westens gegenüberstellte. Sie bedeute die Hochschätzung von
Grenzen jeder Art und die Unterordnung des Niedrigen unter das Höhere.260
253 binder/H. schuschniGG, „Sofort vernichten“, 243.
254 binder/H. schuschniGG, „Sofort vernichten“, 203 f., 211, 215, 231, 257 und 260.
255 v. andrian, Ständeordnung, 146 f.
256 StL 1931, 413 f. (E. dacQué).
257 moth, Neu-Österreich, 34 f.
258 hohenlohe, Ständestaat, 4.
259 A. rauscher, Die soziale Natur, 25.
260 StL 1935, 90 und 95–98 (J. evola). 5. DER MENSCH IST
PERSON236
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580