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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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onalsozialistischer Haft und empfahl es seinem Onkel Hermann Wopfner.253 Aus demselben Geist heraus beschäftigte er sich in dieser schweren Zeit auch mit dem ebenfalls dem Renoveau catholique nahestehenden deutschen Schriftsteller Reinhold Schneider (Macht und Gnade, Philipp der Zweite oder Religion und Macht).254 „Wer ohne Gott die Welt erklären und dem Menschen Ziele setzen will, des- sen Denken verflacht sich fast unvermeidlich, und um seine Ethik wittert der fade und für feinere Sinne widerliche Geruch der Vulgarität“, erklärte Leopold von Andrian. Er nahm eine stetige Höherentwicklung der „animalischen Seele [...] durch die immer höheren Gattungen des Tierreichs“ an, die den Einklang suche „zwischen ihrem Trieb nach Zentrierung und ihrem Gesetz der see- lisch-leiblichen Entfaltung ins Große und Differenzierte, das ihrem Naturtrieb eignet“; im Menschen vollende sich diese Entwicklung. Der Wille erhöhe sich vom „blinden“ über den „schlicht-bewussten“ zum „freien“.255 Im StL erläuterte Edgar Dacqué, es gebe zwar stammesgeschichtliche Zu- sammenhänge zwischen Mensch und untermenschlicher Natur und eine Viel- zahl analoger Entwicklungsgesetze, aber größer sei die Zahl der grundlegen- den Unterschiede: Das Tier sei auf biologische Aspekte reduziert, der Mensch sei ein Geistwesen, gekennzeichnet von der Bereitschaft, um einer Idee wil- len auch Opfer zu bringen; die organische Natur sei zwar vorhanden, aber nicht allein bestimmend.256 Georg Moth aktualisierte diesen Gedanken, in- dem er Hitlers Glaubenssatz „Der Körper ist die Grundlage des Geistes“ das Schillerwort „Es ist der Geist, der sich den Körper schafft“ entgegensetzte.257 Konstantin von Hohenlohe bezeichnete die Unterscheidung zwischen Mensch und Tier als ein Wesensmerkmal des Christentums.258 Die katholische Sozial- lehre leitete aus diesem Gegensatz die Notwendigkeit von Überlieferung und Erziehung ab: Der Mensch brauche eine Atmosphäre des Vertrauens und der Geborgenheit schon deshalb, weil ihm die den niedrigeren Wesen eignende Instinktsicherheit fehle.259 Im StL propagierte Julius Evola den klassischen Gedanken der Form als Regulativ des Stoffes. Im indischen Kastenwesen fand er jene „opferhafte“ Seinsweise verwirklicht, die er der auf cupiditas be- ruhenden des Westens gegenüberstellte. Sie bedeute die Hochschätzung von Grenzen jeder Art und die Unterordnung des Niedrigen unter das Höhere.260 253 binder/H. schuschniGG, „Sofort vernichten“, 243. 254 binder/H. schuschniGG, „Sofort vernichten“, 203 f., 211, 215, 231, 257 und 260. 255 v. andrian, Ständeordnung, 146 f. 256 StL 1931, 413 f. (E. dacQué). 257 moth, Neu-Österreich, 34 f. 258 hohenlohe, Ständestaat, 4. 259 A. rauscher, Die soziale Natur, 25. 260 StL 1935, 90 und 95–98 (J. evola). 5. DER MENSCH IST PERSON236
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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