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10.3 Ständetheoretiker
Hans Bayer (1903–1965), Nationalökonom, Mitarbeiter der MSchKP. Seit 1929 Dozent an
der Universität Wien (zugleich Sekretär der Kammer für Arbeiter und Angestellte), lehrte
er ab 1937 als Professor an der Universität Innsbruck, ab 1956 an der Sozialakademie
Dortmund. Auf das Aufzeigen von Zusammenhängen zwischen Gesellschaft und Wirt-
schaft bedacht, trat er gegen schrankenlosen Wettbewerb ein. In Abkehr von radikalem
Liberalismus hielt er es für richtig, die Wirtschaft aus der Kenntnis ihrer Gesetze heraus
behutsam zu steuern.
bayer, Wirtschaftslehre; DBE/II 1 (2005), 446; flechtheim, Bayer, Hans, 23; reichhold,
Geschichte, 509.
Philipp Bugelnig (1893–1983), Funktionär der CSP, Leiter des Verlagshauses Carinthia
und aktives Mitglied der Leo-Gesellschaft. Er leitete die nach dem Vorbild der Wiener
Studienrunde aufgebaute Soziologenrunde Die Neue Gesellschaft in Klagenfurt, die den
modernen Standbegriff in der als Abbild der übernatürlichen Gemeinschaft verstandenen
und vom Staat getrennten Gesellschaft verankerte. Den Repressalien der Nationalsozia-
listen geschickt ausweichend, wirkte Bugelnig ab 1939 als Stadtpfarrer von Klagenfurt.
Ab 1945 war er Schriftleiter der Kärntner Kirchenzeitung.
beyer, Ständeideologien, 157; burZ, Philipp Bugelnig, 149–153; diamant, Die österreichi-
schen Katholiken, 225; KabelKa, Anton Orel, 79; wohnout, Verfassungstheorie, 103.
Josef Dobretsberger (1903–1970), Wirtschaftswissenschafter und Publizist, Mitarbei-
ter der SZ. Sein Interesse galt auch der Philosophie und der Soziologie. Er begann seine
akademische Laufbahn als Assistent Hans Kelsens, ehe er sich für Volkswirtschaftslehre
habilitierte. 1930 wurde er Nachfolger Wilhelm Röpkes auf dem Lehrstuhl für National-
ökonomie an der Universität Graz. Vertreter des christlichen Solidarismus, versuchte er
1935/36 als Sozialminister im Kabinett Schuschnigg eine Aussöhnungspolitik nach links,
die den Gewerkschaften wieder größere Handlungsspielräume gab. Dem Ständestaat
stand er auch in dieser Position distanziert gegenüber. 1938 zur Emigration gezwungen,
lehrte er bis 1941 an der Universität Istanbul, anschließend in Kairo, von wo aus er sich
für Österreich engagierte. 1946 kehrte er nach Österreich zurück.
autenGruber, Univ.-Prof. Dr. Josef Dobretsberger, 176; P. berGer, Im Schatten, 440; bin-
der, Der „Christliche Ständestaat“, 215 f.; binder, Stepan/Dobretsberger, 35–58; DBE/II 2
(2005), 655; ePPel, Österreicher 2, 460 und 469; slaPnicKa, Oberösterreich.
Bartholomäus Fiala, Mitglied der 1889 in Wien vornehmlich für die Arbeiterseelsorge
gegründeten Kongregation der Kalasantiner, Mitarbeiter des NR. 1926 war er mit einer
kurzen Abhandlung hervorgetreten, aus der Skepsis über einen kirchenkritischen, von
der Sozialdemokratie inspirierten Priester spricht. Bis 1931 folgten mysterienspielartige
dramatische Arbeiten, theologische Versuche und die mit „AEIOU“ betitelte Schrift Die
Großtaten der Habsburger. Fiala betonte die jüdischen Wurzeln des Christentums und
begründete damit seine strikte Ablehnung jeglicher Form von Antisemitismus.
10.
ANHANG546
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580