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sche Kategorien, die einander bedingen.27 Johannes Messner beschrieb den
Nexus so: „Staat ist die auf Verwirklichung der Gemeinzwecke gerichtete
Gemeinschaft des Staatsvolkes, Gesellschaft sind die auf die Eigenzwecke
der übrigen innerstaatlichen und überstaatlichen Lebenskreise gerichteten
Gemeinschaften.“ Nur eine Trennung zwischen beiden biete „die Handhabe,
um nicht nur den Individualismus, sondern auch den Kollektivismus voll-
ends […] zu überwinden“;28 sie seien aufeinander hingeordnet, aber nicht
identisch.29 Die berufsständische Ordnung werde verhindern, dass es zu je-
nem „Aufstand der Gesellschaft gegen den Staat, den der Liberalismus her-
aufbeschwor“, komme, indem sie die Grenzen klar abstecke.30 Auch der CS31
und zahlreiche Mandatare, am deutlichsten Karl Lugmayer32 und Richard
Schmitz33, sprachen sich für die Trennung von Staat und Gesellschaft aus.
Andernfalls, so wieder Messner, näherte man sich faschistischem Korpo-
rativismus, der eigenberechtigte Zwischenglieder zwischen Einzelnem und
Staat nicht vorsah: Wenn nur das Recht der Einheit und nicht der Glieder
gesehen werde, degradiere die Ordnung zu bloßer Organisation34 und es be-
stehe die Gefahr des Totalitarismus.35
8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den
Ständen
In Fortschreibung der von Paul Schrecker 1919 erhobenen Forderung nach
Entpolitisierung des öffentlichen Lebens36 verstanden die Theoretiker des
Ständestaates die Gesellschaft als Bereich der auf Freiwilligkeit beruhen-
den, den Staat als jenen der erzwingbaren Handlungen.37 Der aus dem gött-
27 StL 1931, 18 f. (W. andreae).
28 messner, Ordnung, 5 und 8; vgl. auch diamant, Katholiken, 177; hanisch, Die Ideologie,
27; P. huemer, Entstehung, 608 und 615; PytliK, Berufsständische Ordnung, 70 und 101;
streitenberGer, Leitbild, 165 und 179.
29 PytliK, Berufsständische Ordnung, 86; P. huemer, Entstehung, 616; reichhold, Opposition,
84.
30 messner, Ordnung, 64 f. und 87.
31 ebneth, Wochenschrift, 168.
32 F. luGmayer, Karl Lugmayer, 18; brineK, Arbeiter, 109; PytliK, Berufsständische Ordnung,
22.
33 R. schmitZ, Der Weg, 26 und 52; R. schmitZ, Die berufsständische Neuordnung, 18; dia-
mant, Katholiken, 221 f.
34 Pytlik, Berufsständische Ordnung, 74 f.; vgl. auch LThK/I 9 (1937), 692–696 (G. Gundlach).
35 neGer, Verfassung, 30; PytliK, Berufsständische Ordnung, 88; streitenberGer, Leitbild, 169.
36 schrecKer, Für ein Ständehaus, 25 f.
37 diamant, Katholiken, 263; PytliK, Berufsständische Ordnung, 89.
8. STAAT UND
GESELLSCHAFT490
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580