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gegen sozialistische Planwirtschaft und das dazu gehörende Menschenbild
aus, nämlich die mit Zirkel und Lineal arbeitende „Ingenieurmentalität“.132
Da der Sozialismus den Staat immer zum Levia than mache, wies er auch den
Gesellschaftsvertrag ab. Sein Menschenbild war dem der katholischen Sozi-
allehre sehr nahe:133 Die Wirtschaft sei zwar Voraussetzung der Entfaltung
des Menschen, man dürfe die Wirklichkeit aber nicht auf das Ökonomische
verkürzen. Marktwirtschaft sei zwar eine notwendige, aber keine ausrei-
chende Bedingung einer freien, glücklichen, geordneten und gerechten Gesell-
schaft.134 Wirtschaft sei wichtig, dürfe den Menschen aber nicht beherrschen;
in der Wirtschaftspolitik gehe es um viel mehr als um den Markt.135 Röpkes
für die Ordnungspolitik maßgebliches Leitbild vom Menschen war das der
von Grundsätzen der Sittlichkeit geleiteten, eigenverantwortlich handelnden,
nicht durch übertriebene staatliche Vorsorge fremdbestimmten Person.136 Ei-
genverantwortung und Solidarität seien keine Gegensätze; der Staat dürfe
keine Umverteilungsinstitution mit aufgeblähter Bürokratie sein.137 Den ide-
alen Unternehmer sah Röpke „als erste(n) Diener des Marktes“.138 In Hinblick
auf sein eigenes System sprach er von „konservativem Liberalismus“ und
legte Wert auf Abgrenzung vom historischen Liberalismus. Er berief sich auf
einen „unvergänglichen Liberalismus“ und auf die christlich-abendländischen
Werte einer „freien Persönlichkeitskultur“. Der Natur des Menschen entspre-
che eine ausgewogene Mischung von Freiheit und Bindung.139
4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie
Bei vielen Österreichern hatten die Erlebnisse der Zeit nach 1918 lang an-
haltende traumatische Wirkungen. Der im Herbst 1933 von Bundeskanzler
Dollfuß als Staatssekretär (für Heerwesen) in sein Kabinett berufene 75-jäh-
rige Alois Schönburg-Hartenstein übernahm das Amt mit der ausdrückli-
chen Erklärung, dass er kein Republikaner sei.140 Dieser Adelige hatte im
132 habermann, Das Maß, 114–127; mooser, Liberalismus, 138.
133 habermann, Das Maß, 128; mooser, Liberalismus, 134; A. rauscher, Das Menschenbild,
201–203.
134 habermann, Das Maß, 56.
135 habermann, Das Maß, 89; mooser, Liberalismus, 136.
136 A. rauscher, Das Menschenbild, 198 f; schäfer, Perspektiven, 145.
137 schüller, Wirtschaftshumanismus, 161–166.
138 habermann, Das Maß, 69.
139 mooser, Liberalismus, 149.
140 holub, Fürst Alois Schönburg-Hartenstein, 129; waltersKirchen, Dollfuß, 185 und 213 f.;
Kriechbaumer, Erzählungen, 583 f.
4.2 KRITIK AN DER PARLAMENTARISCHEN DEMOKRATIE 193
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580