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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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steuer, die sozialistischen, wenn nicht marxistischen Charakter trügen.294 Trete in Europas Wirtschaftspolitik nicht ein die Weltwirtschaft mitberück- sichtigender Gesinnungswandel ein, drohe dem Kontinent eine gefährliche Marginalisierung.295 Die Kritik an der einseitigen Ausrichtung auf rein Körperliches auf Kos- ten des Geistes mit ihren politischen Implikationen kehrte 1931 im NR in einem Beitrag über nationalsozialistische Schulpolitik wieder, für die ein gesunder Körper das wichtigere Erziehungsziel war als geistige Bildung.296 Guido Zernatto führte den Diskurs über die Überbewertung des Körperli- chen auf der philosophischen Ebene: Sie stehe für die Überzeugung, dass mit dem Tod alles ende; unmäßiger Lebenshunger sei Ausdruck von Todes- angst.297 An dieser Stelle wird der Kulturbegriff Leopold von Andrians aktuell, nämlich die „Veredelung kollektiver Naturhaftigkeiten“ einschließlich der von den Vorfahren ererbten Lebensbedingungen. Kultur und Natur flössen ständig ineinander über.298 Rudolf Henz sprach von Pflege und Veredelung all dessen, „was irgendwie der menschlichen Beeinflussung unterliegt, also die Natur, [...] der menschliche Geist und schließlich der Charakter“.299 Für Georg Baumgartner sollte Kultur „volle rückhaltlose Anerkennung der Na- tur“ sein, „ein freudiges Jasagen zu den gegebenen Seinsrealitäten“.300 Guido Zernatto nannte die Kultur „ein Zwischenreich. [...] eine Welt über der Welt und doch kein Jenseits, sondern aus der Welt genommen und auf sie be- zogen“, einen Versuch „der Menschheit, sich mit irdischen Mitteln zu erlö- sen“301, eine Weltidee, die der menschlichen Existenz einen höheren Sinn verleihe, indem sie sie über die animalische Bestimmung der bloßen Erhal- tung des nackten Lebens hinaushebe.302 Josef Bick, der mit Kunst und Lite- ratur in täglicher Berührung stehende Direktor der Österreichischen Natio- 294 SZ 29. 4. 1934 (R. KerschaGl). 295 SZ 29. 3. 1936 (R. KerschaGl). 296 NR 12. 9. 1931 (Z. fischer OFM). 297 Zernatto, Vom Wesen, 153; es dürfte kaum statthaft sein, die Bedeutung des Turnunter- richts in den österreichischen Schulen in den dreißiger Jahren in der Weise zu betonen, wie es kürzlich unter Berufung auf selektiv ausgewählte Quellen geschehen ist; Gober, Schule, 115–129; die Sportpolitik des Ständestaates betraf vor allem den außerschulischen Bereich, wobei man sich teilweise unter Zugzwang aus Deutschland wähnte; marschiK, Turnen, passim. 298 v. andrian, Oesterreich, 145–147; vgl. CS 28. 2. 1937, 190 f. (W. breitenfeld); dorowin, Retter, 98. 299 venus, Rudolf Henz, 11. 300 baumGartner, Arbeit und Erwerb, 35. 301 Zernatto, Vom Wesen, 139 f. 302 Zernatto, Vom Wesen, 143. 5.4 LEBEN UND GEIST 241
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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