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Veranlagung entspricht, auf einer dem Durchschnitt angepassten Stufe des
Unterrichts festgehalten und in der ihnen zukommenden intensiveren und
reichhaltigeren Ausbildung zurückgehalten würden.“ Die Angleichung der
Extreme in einer mittleren Zone sei wohl im Wirtschaftsleben wünschens-
wert, nicht aber in der Bildung.403
In diesem Punkt hatte der Professor den Wiener Stadtschulrat auf sei-
ner Seite: Robert Krasser404 nannte die Mittelschule die „Pflanzstätte der
künftigen Führerschicht in Gesellschaft und Staat“.405 1936 begründete er
die Forderung nach Leistung und Zucht mit der Notwendigkeit, der lange
praktizierten „Verweichlichungspädagogik“ ein Gegengewicht entgegenzu-
setzen.406 Im NR hatte sich Valentin Holzer bereits 1921 gegen die „soziale
Koedukation“ ausgesprochen, weil die Einwirkung der Schlechten auf die
Guten stärker sei als umgekehrt; klassische Bildung sei auch nicht jedem
zugänglich, und es sei gefährlich, unerfüllbare Bedürfnisse zu wecken.407
Eine ähnliche Linie vertrat die MSchKP, die darauf hinwies, dass ein Aka-
demikerüberschuss viele Unzufriedene schaffen würde.408 Ferdinand Degen-
feld-Schonburg plädierte für eine strengere Auslese in den Mittelschulen
und während des Studiums, denn „proletarische Intelligenz hat schon oft
die soziale Ordnung vernichtet“.409 Ignaz Seipel, der selbst eine profunde Bil-
dung besaß410, sprach von einer „Gefahr der Intellektualisierung“.411 Auch
Othmar Spann teilte die aufklärerische Zuversicht in die „unbegrenzte Ver-
vollkommnungsmöglichkeit der Einzelnen“ nicht; die Ansicht, es sei möglich,
allen Menschen die gleiche Erziehung angedeihen zu lassen, erklärte er für
utopisch, von der modernen Bildungsbewegung versprach er sich keine posi-
tive Wirkung.412 Richtig verstandene Bildung bedeute weder Aus- noch Ein-
gliederung, sondern Umgliederung bzw. ständische Eingliederung.413
Das NR ließ Heinrich Getzeny mit der Ansicht zu Wort kommen, das Pro-
letariat sei zwar geistig der bürgerlichen Wissensbildung verfallen, zeige
aber keine echt wissenschaftliche Haltung, weil es Wissen als praktische
403 meister, Bildungswerte, 39.
404 Zu seiner Funktion innerhalb der Systemelite vgl. G. hartmann, Eliten, 232.
405 Krasser, Ständestaat, 3.
406 Krasser, Ständestaat, 19.
407 NR 5. 6. 1921 (V. holZer).
408 MSchKP 2, 194.
409 MSchKP 1, 308–316 (F. deGenfeld-schonburG); vgl. MSchKP 3, 126–131 (L. hänsel); orel,
Ständeordnung, 73; zu Degenfeld-Schonburg vgl. auch G. hartmann, Eliten, 235.
410 in der maur, Einleitung, 39.
411 erben, Schule, 92.
412 sPann, Wahrer Staat, 60; vgl. auch H. walter, Ständewesen, 67.
413 StL 1933, 432–446 (O. sPann). 5. DER MENSCH IST
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580