Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Page - 252 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 252 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Image of the Page - 252 -

Image of the Page - 252 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Text of the Page - 252 -

Veranlagung entspricht, auf einer dem Durchschnitt angepassten Stufe des Unterrichts festgehalten und in der ihnen zukommenden intensiveren und reichhaltigeren Ausbildung zurückgehalten würden.“ Die Angleichung der Extreme in einer mittleren Zone sei wohl im Wirtschaftsleben wünschens- wert, nicht aber in der Bildung.403 In diesem Punkt hatte der Professor den Wiener Stadtschulrat auf sei- ner Seite: Robert Krasser404 nannte die Mittelschule die „Pflanzstätte der künftigen Führerschicht in Gesellschaft und Staat“.405 1936 begründete er die Forderung nach Leistung und Zucht mit der Notwendigkeit, der lange praktizierten „Verweichlichungspädagogik“ ein Gegengewicht entgegenzu- setzen.406 Im NR hatte sich Valentin Holzer bereits 1921 gegen die „soziale Koedukation“ ausgesprochen, weil die Einwirkung der Schlechten auf die Guten stärker sei als umgekehrt; klassische Bildung sei auch nicht jedem zugänglich, und es sei gefährlich, unerfüllbare Bedürfnisse zu wecken.407 Eine ähnliche Linie vertrat die MSchKP, die darauf hinwies, dass ein Aka- demikerüberschuss viele Unzufriedene schaffen würde.408 Ferdinand Degen- feld-Schonburg plädierte für eine strengere Auslese in den Mittelschulen und während des Studiums, denn „proletarische Intelligenz hat schon oft die soziale Ordnung vernichtet“.409 Ignaz Seipel, der selbst eine profunde Bil- dung besaß410, sprach von einer „Gefahr der Intellektualisierung“.411 Auch Othmar Spann teilte die aufklärerische Zuversicht in die „unbegrenzte Ver- vollkommnungsmöglichkeit der Einzelnen“ nicht; die Ansicht, es sei möglich, allen Menschen die gleiche Erziehung angedeihen zu lassen, erklärte er für utopisch, von der modernen Bildungsbewegung versprach er sich keine posi- tive Wirkung.412 Richtig verstandene Bildung bedeute weder Aus- noch Ein- gliederung, sondern Umgliederung bzw. ständische Eingliederung.413 Das NR ließ Heinrich Getzeny mit der Ansicht zu Wort kommen, das Pro- letariat sei zwar geistig der bürgerlichen Wissensbildung verfallen, zeige aber keine echt wissenschaftliche Haltung, weil es Wissen als praktische 403 meister, Bildungswerte, 39. 404 Zu seiner Funktion innerhalb der Systemelite vgl. G. hartmann, Eliten, 232. 405 Krasser, Ständestaat, 3. 406 Krasser, Ständestaat, 19. 407 NR 5. 6. 1921 (V. holZer). 408 MSchKP 2, 194. 409 MSchKP 1, 308–316 (F. deGenfeld-schonburG); vgl. MSchKP 3, 126–131 (L. hänsel); orel, Ständeordnung, 73; zu Degenfeld-Schonburg vgl. auch G. hartmann, Eliten, 235. 410 in der maur, Einleitung, 39. 411 erben, Schule, 92. 412 sPann, Wahrer Staat, 60; vgl. auch H. walter, Ständewesen, 67. 413 StL 1933, 432–446 (O. sPann). 5. DER MENSCH IST PERSON252
back to the  book „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit"
„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
„Berufsstand“ oder „Stand“?