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Familie, Schule, Kirche und Beruf, weil nur hier die von ihm geforderten
moralischen Selbstbindungen wirksam werden könnten.484
Die Persönlichkeit und ihre Grenzen
Karl Lugmayer schrieb den Leistungen im und am Organismus der Gesell-
schaft die Fähigkeit zu, die Person zur Persönlichkeit werden zu lassen.485
Diese Formulierung ist dem Verständnis der katholischen Moraltheologie
verpflichtet, für die Person die geistige Substanz und Wesensmöglichkeit,
Persönlichkeit die Erfüllung dieser Wesensmöglichkeit darstellt.486 In die-
sem Sinne verstand Franz Hörburger unter Persönlichkeit „die Gesamtprä-
gung eines Menschen, die er sich im Laufe des Lebens durch Fremd- und
Selbstbildung, durch Auseinandersetzung mit der Kultur seiner Zeit und
durch Teilnahme an den Kulturgütern erwirbt“.487 Am platonischen Staats-
modell störte ihn die restlose Einfügung des Individuums in den Staat. Bei
Aristoteles trete das Eigenrecht des Menschen im Sinn einer Bildung zur
Persönlichkeit stärker hervor.488 Richard Schmitz sprach von der Persönlich-
keit, die mit ihrer gesellschaftlichen Funktion und mit ihrer Leistung für die
Gemeinschaft hervortrete; die Leistung werde nicht nach ihrem materiel-
len Erfolg, sondern nach ihrer Bedeutung für das Gemeinwohl bemessen.489
In derselben Weise definierte das LThK/I den Begriff „Sozialordnung“ (als
äußere Form von Gemeinschaft).490 Am 10. November 1928, anlässlich des
zehnjährigen Bestands der Republik, erläuterte Bundeskanzler Seipel die-
sen Gedanken in Gestalt der Unterscheidung zwischen res publica und res
privata.491 Franz Rehrl verkündete rhetorisch wirksam: „Wir wollen Persön-
lichkeiten, aber nicht Summen.“492 Diese Aussage ist im Rahmen der perso-
nalistischen Gesellschaftslehre auch insofern von Belang, als sie quantifizie-
rende Ansätze ablehnt.493
484 schüller, Wirtschaftshumanismus, 167.
485 tarmann, Die Personalität, 79.
486 härinG, Gesetz, 117.
487 hörburGer/simonic, Lehrbuch I, 213.
488 hörburGer, Geschichte, 15 f.
489 R. schmitZ, Der Weg, 20.
490 LThK/I 9 (1937), 692–696 (G. Gundlach).
491 rennhofer, Ignaz Seipel, 592 f.
492 Kriechbaumer, Dieses Österreich, 463.
493 sPaemann, Personen, 196. 5. DER MENSCH IST
PERSON260
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580