Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Page - 266 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 266 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Image of the Page - 266 -

Image of the Page - 266 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Text of the Page - 266 -

Standpunkt des Ganzen aus“ sei die Voraussetzung für eine „angemessene Stellung im Ganzen“.533 Ignaz Seipel hielt „persönliche Hingabe“ bei der Arbeit für unabdingbar, auf dass die Werke nicht „bürokratisch und unfruchtbar“ würden.534 Jede Ar- beit sei wertvoll und schön, wenn Gott zu ihr dränge; auf den Erfolg bei den Menschen komme es nicht an.535 Über die uns gestellten Aufgaben sollten wir nicht nachdenken, sondern sie einfach erfüllen.536 Friedrich Funder ortete „Hingebung“ bei „tüchtige(n) Menschen“ in Hin- blick auf ein gesetztes Ziel und verband sie mit „Überzeugung und innere(r) Erfüllung und Durchdringung und der nicht aufhörenden Liebestat für die Gemeinschaft“.537 In geradezu vollendeter Form fand er sie bei den Mitarbei- tern des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand538, die „in einem schönen menschlichen Verhältnis, das man im Autoritätsstaat wie in der Republik nur selten findet“, an ihm gehangen hätten.539 Hans Karl Zeßner-Spitzen- berg bescheinigte Bundeskanzler Engelbert Dollfuß und Kaiser Karl ein ho- hes Maß an „Hingabe, [...] Pflichttreue und Opfergröße“540. Letzterer habe es abgelehnt, Memoiren zu schreiben: „Die Selbstbespiegelung und Selbstrecht- fertigung, wie sie damals immer mehr zur Modekrankheit wurde, entsprach nicht seiner Art.“541 Franz Martin Schindler zog den Begriff „Demut“ vor: der Willenszustand, „kraft dessen der Mensch Hohes nur nach Gebühr anstrebt“.542 Für Ignaz Seipel äußerte sie sich im freiwilligen Verzicht, erkennen zu wollen, wie die Glieder aneinandergefügt sind: Von der Ewigkeit aus werde dies einst mög- lich sein.543 Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi verstand unter Demut „die religiöse Erkenntnis eigener Nichtigkeit, die sich aus dem Vergleich zwischen unserer Individualität und dem Weltganzen ergibt“.544 Kurt Schu- 533 sPann, Wahrer Staat, 51; vgl. GauGer, Gemeinwohl, 94–96; Pichler, 212 f.; schneller, Zwi- schen Romantik und Faschismus, 82 und 91; LK, 519 (F. romiG). 534 seiPel, Von der sozialen Liebe, 211. 535 seiPel, Von der sozialen Liebe, 189. 536 seiPel, Von der sozialen Liebe, 64. 537 funder, Sturm, 12; zum Zusammenhang der Begriffe „Liebe“ und „Gemeinschaft“ vgl. ha- nisch, Konservatives und revolutionäres Denken, 185. 538 In zwei Artikeln zu Franz Ferdinands Persönlichkeit verlieh Funder 1929 seiner Überzeu- gung Ausdruck, der Thronfolger sei häufig missverstanden worden; NR 29. 6. 1929, 6. 7. 1929 (F. funder). 539 funder, Vom Gestern, 384; vgl. novotny, Der Monarch, 96. 540 CS 9. 8. 1936 (H. K. Zeßner-sPitZenberG). 541 H. K. Zeßner-sPitZenberG, Kaiser Karl (1953), 214. 542 schindler, Lehrbuch II, 359 f. 543 seiPel, Von der sozialen Liebe, 29 f. 544 coudenhove-KalerGi, Ethik, 49. 5. DER MENSCH IST PERSON266
back to the  book „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit"
„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
„Berufsstand“ oder „Stand“?