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Standpunkt des Ganzen aus“ sei die Voraussetzung für eine „angemessene
Stellung im Ganzen“.533
Ignaz Seipel hielt „persönliche Hingabe“ bei der Arbeit für unabdingbar,
auf dass die Werke nicht „bürokratisch und unfruchtbar“ würden.534 Jede Ar-
beit sei wertvoll und schön, wenn Gott zu ihr dränge; auf den Erfolg bei den
Menschen komme es nicht an.535 Über die uns gestellten Aufgaben sollten
wir nicht nachdenken, sondern sie einfach erfüllen.536
Friedrich Funder ortete „Hingebung“ bei „tüchtige(n) Menschen“ in Hin-
blick auf ein gesetztes Ziel und verband sie mit „Überzeugung und innere(r)
Erfüllung und Durchdringung und der nicht aufhörenden Liebestat für die
Gemeinschaft“.537 In geradezu vollendeter Form fand er sie bei den Mitarbei-
tern des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand538, die „in einem schönen
menschlichen Verhältnis, das man im Autoritätsstaat wie in der Republik
nur selten findet“, an ihm gehangen hätten.539 Hans Karl Zeßner-Spitzen-
berg bescheinigte Bundeskanzler Engelbert Dollfuß und Kaiser Karl ein ho-
hes Maß an „Hingabe, [...] Pflichttreue und Opfergröße“540. Letzterer habe es
abgelehnt, Memoiren zu schreiben: „Die Selbstbespiegelung und Selbstrecht-
fertigung, wie sie damals immer mehr zur Modekrankheit wurde, entsprach
nicht seiner Art.“541
Franz Martin Schindler zog den Begriff „Demut“ vor: der Willenszustand,
„kraft dessen der Mensch Hohes nur nach Gebühr anstrebt“.542 Für Ignaz
Seipel äußerte sie sich im freiwilligen Verzicht, erkennen zu wollen, wie die
Glieder aneinandergefügt sind: Von der Ewigkeit aus werde dies einst mög-
lich sein.543 Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi verstand unter Demut
„die religiöse Erkenntnis eigener Nichtigkeit, die sich aus dem Vergleich
zwischen unserer Individualität und dem Weltganzen ergibt“.544 Kurt Schu-
533 sPann, Wahrer Staat, 51; vgl. GauGer, Gemeinwohl, 94–96; Pichler, 212 f.; schneller, Zwi-
schen Romantik und Faschismus, 82 und 91; LK, 519 (F. romiG).
534 seiPel, Von der sozialen Liebe, 211.
535 seiPel, Von der sozialen Liebe, 189.
536 seiPel, Von der sozialen Liebe, 64.
537 funder, Sturm, 12; zum Zusammenhang der Begriffe „Liebe“ und „Gemeinschaft“ vgl. ha-
nisch, Konservatives und revolutionäres Denken, 185.
538 In zwei Artikeln zu Franz Ferdinands Persönlichkeit verlieh Funder 1929 seiner Überzeu-
gung Ausdruck, der Thronfolger sei häufig missverstanden worden; NR 29. 6. 1929, 6. 7.
1929 (F. funder).
539 funder, Vom Gestern, 384; vgl. novotny, Der Monarch, 96.
540 CS 9. 8. 1936 (H. K. Zeßner-sPitZenberG).
541 H. K. Zeßner-sPitZenberG, Kaiser Karl (1953), 214.
542 schindler, Lehrbuch II, 359 f.
543 seiPel, Von der sozialen Liebe, 29 f.
544 coudenhove-KalerGi, Ethik, 49. 5. DER MENSCH IST
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580