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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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sondern hielt die Schulung von Technikern, wie es sie nunmehr brauche, für eine Möglichkeit, an der Weiterformung des menschlichen Charakters zu ar- beiten.647 In der MSchKP konnte man lesen, in der Technik setze der Mensch die Schöpfung fort, doch gemäß der naturgegebenen Ordnung; die Technik müsse nicht in Widerspruch zum Geist stehen: Homer könne man auch nach der Arbeit lesen.648 Eine ähnliche Offenheit zeigte – bei allen Bedenken – Felix Klezl: Er war zuversichtlich, „dass eine soziale und moralische Wiedergeburt der Mensch- heit diesen technischen Fortschritt nicht zum Fluch, sondern zum Segen werden lässt“.649 Auch Kurt Schuschnigg vertrat keinen radikalen Antimo- dernismus, sondern verband Prinzipientreue mit Realitätsnähe: „Es wäre unsinnig, sich gegen den Fortschritt der Technik zu stellen, weil aus ihm unendlich viel Segen für die Menschheit entsprossen ist, aber es wäre falsch zu glauben, dass jetzt überhaupt nur mehr der Industrialisierung, der Ver- messung, der Nivellierung die Zukunft gehöre.“650 Man versteht also, warum der Ständestaat – auch unabhängig vom Fak- tum des Fehlens einer industriellen Basis in Österreich – auf Rationalisie- rung und Steigerung der Produktivität verzichtete. Die Übermacht moder- nisierungsskeptischer Strömungen erklärt auch die nur zögerliche Werbung für wachstumsfördernden Massenkonsum. Arbeitsbeschaffungsprogramme konzentrierten sich vornehmlich auf die Bauwirtschaft.651 Die Macht der ungeschriebenen Gesetze Die Forderung nach Respekt ist kein Gebot positiven Rechts: Sie ist viel- mehr eines jener ungeschriebenen Gesetze652, von denen klassisches Natur- recht und personalistische Philosophie leben. Man kann sich das Gefühl der Gebundenheit an diese in der Reihe der Elemente vorstellen, die Max Sche- ler zur Umschreibung des Geistes anführte (Kap. 5.4), auch unter den von Franz Martin Schindler dem Bürger auferlegten Pflichten, wie Ehrfurcht, Treue und Gehorsam.653 Als wichtigstes Regulativ menschlicher Beziehun- gen nannte der Wiener Moraltheologe die Liebe, in die Billigkeit eingeschlos- 647 simonett, Die berufsständische Ordnung, 85 f. 648 MSchKP 1, 1124 f.; 2, 279. 649 KleZl, Beruf, Vorwort. 650 K. schuschniGG, Österreichs Erneuerung, 109. 651 sandGruber, Ökonomie, 397–399; unterrainer, Wirtschaftspolitik, 67. 652 Vgl. hierzu umfassend LK, 568 (K. motschmann). 653 schindler, Lehrbuch III, 822–824. 5.6 KULTIVIERUNG PERSONALER WERTE 277
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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