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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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sen sei.654 Philipp Bugelnig nahm die Liebe als Bindeglied für die ihm wich- tige Gleichsetzung der Begriffe „ständisch“ und „christlich“.655 Ignaz Seipel hatte 1923 in seinem Weihnachtswunsch an die „ungeschriebenen Gesetze des Gemeinsinns“ appelliert.656 Hier kommen jene bleibenden Werte und anthropologischen Konstanten zur Sprache, die Richard Meisters Wirken begleiteten, jene Seinsformen der Kultur, so der Titel eines Aufsatzes von 1943, die, wie er aus späterer Rückschau erklärte, für sein Überdauern in der Depression des Zweiten Weltkriegs entscheidend gewesen seien.657 Auch Rudolf Henz machte sie im- mer wieder zu seinem Thema, weil er sie als Rettungsanker in der Krise empfand.658 Für Menschen, die nur „nach Soll und Haben leben“, erklärte er mit Blick auf das vom Nationalsozialismus bedrohte Österreich, sei es auch schwer, an das Gute zu glauben.659 Mit dem Wissen um „das Menschliche“ begründete Henz zeit seines Lebens seine Liebe zum alten Österreich, aber auch seine Wertschätzung der nach 1945 geleisteten Kulturarbeit und geis- tigen Auseinandersetzung.660 Große Genugtuung bereitete es ihm, dass der Chefarzt einer Tiroler Lungenheilanstalt, der die „heilsame“ Wirkung seiner Literatur erkannt habe, kurz nach dem Erscheinen seines Anich-Romans 150 Exemplare desselben als Weihnachtsgeschenk für die Patienten anfor- derte.661 Franz Karl Ginzkey trat für flexible, an den Bedürfnissen des Einzelnen orientierte Lösungen ein: In Anspielung auf Preußen schätzte er am österrei- chischen Staat, dass er keine „strenge Unerbittlichkeit“ kenne und ihm da- her für ein dichterisches Projekt einen langen Sonderurlaub gewährt habe.662 Ähnlichem Denken entsprechen Franz Kolbs Vorbehalte gegen gemütsfeind- lichen Formalismus663 und Karl Lugmayers Forderung nach Billigkeit auf- grund des Sittengesetzes.664 Richard Kerschagl rückte die Liebe als Aspekt der Gerechtigkeit ins Licht, auch in wirtschaftlichen Fragen: Er verstand darunter das rechtmäßig Geschuldete.665 Hermann Struber mahnte „eine 654 schindler, Lehrbuch III, 756. 655 buGelniG, Der Ständestaat, 40 f. und 68–70. 656 rennhofer, Ignaz Seipel, 390. 657 breZinKa, Pädagogik, 400. 658 venus, Rudolf Henz, 22. 659 henZ, Fügung, 231 f. 660 henZ, Österreich, 10. 661 henZ, Fügung, 290. 662 GinZKey, Heimatsucher, 131. 663 Kolb, Wiedertäufer, 16. 664 K. luGmayer, Grundrisse, 126 f. 665 KerschaGl, Die Quadragesimo anno, 13–18. 5. DER MENSCH IST PERSON278
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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