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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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terreich bezogen, gelangte er zu dem Fazit, „dass die bestehenden Gewalten zwar legal und daher zu beachten sind, dass aber mangels der Legitimität ihrer Trägerschaft eine Restitutionspflicht an den legitimen Gewaltenträ- ger erkannt und die Restitution als sittliches Postulat angestrebt werden muss“.772 Zeßner-Spitzenberg hatte sich zunächst in der Leo-Gesellschaft betätigt. Er war auch im Establishment der CSP verankert, genoss die hohe Wert- schätzung von Bundeskanzler Schuschnigg und zählte zu den wichtigsten Kontaktpersonen der Habsburger.773 Am Gesetz vom 3. April 1919 störten ihn der Hass, „die planmäßig geübte Verfolgungssucht“, […] das blindwü- tende Ausrottungsstreben gegen alle unauslöschlichen Wahrheiten“.774 An- ton Rintelen bereitete es Unbehagen, dass es in der Republik Kreise gab, in denen „jedweder Traditionsgedanke [...] als Legitimismus verschrien, als Hochverrat angeprangert“ wurde.775 Der Legitimismus hatte eine naturrechtliche Komponente. Auch dies- bezüglich hatte Franz Martin Schindler gedankliche Vorarbeit geleistet:776 Die Natur ordne die Menschen auf das Gemeinwesen hin; legitime politi- sche Autorität sei „von Gottes Gnaden“ und habe Anspruch auf Unterwer- fung; die Theorie der absoluten Volkssouveränität sei abzuweisen.777 Diese seit dem späten 18. Jahrhundert zunehmend in Frage gestellte Ansicht778 ist in der Enzyklika Diuturnum illud (1881) grundgelegt, wo Leo XIII. aus- drücklich festgehalten hatte, dem Volk obliege es zwar zu bestimmen, wer die Befehlsgewalt ausübe, nicht aber diese zu übertragen. Auch das den al- ten Reichsgedanken tragende Bibelwort per me reges regnant hatte er in Er- innerung gerufen.779 Karl Lugmayer verwies in seinem Kommentar dieses Rundschreibens auf Dollfuß’ Trabrennplatzrede: Der Staatslenker sei nicht seinen Wählern, sondern einzig Gott und dem eigenen Gewissen verpflich- tet.780 Im StL kam 1935 Julius Evola mit der Ansicht zu Wort, durch die Treue zum Fürsten drückten die Untertanen Treue zu Gott aus.781 Einen da- mit verwandten Gedanken erläuterte mit großem Aufwand Dietrich von Hil- debrand: Echte Autorität hafte nur am Amt, nie an der Person; es gehe um 772 H. K. Zeßner-sPitZenberG, Legitimität, 185; vgl. neuhäuser, Legitimismus, 6–8. 773 wohnout, Traditionsreferat, 70–72. 774 NR 4. 4. 1920 (H. K. Zeßner-sPitZenberG). 775 rintelen, Erinnerungen, 157. 776 allmayer-becK, Konservatismus, 38; vgl. auch mannheim, Konservatismus, 75. 777 schindler, Lehrbuch III, 791; vgl. LK, 349 (H. Chr. Kraus). 778 stollberG-rilinGer, Reich, 12; GG 3 (1982), 718 (Legitimität/Legalität, Th. würtenberGer). 779 utZ/v. Galen, Sozialdoktrin, 2094–2103. 780 CS 1. 7. 1934 (K. luGmayer). 781 StL 1935, 99 (J. evola). 5.7 LEGITIMITÄT VERSUS LEGALITÄT 289
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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