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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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fuß700 – vom „Mutterberuf“, der gleich allen anderen nicht vom Menschen frei gewählt werden könne, sondern Gottes Wille sei. Mithilfe biblischer Bei- spiele entwarf er ein Bild, das Mutterschaft zum Stand werden ließ.701 Im Rahmen feierlicher Begehungen des Muttertags wurde die unbezahlte Ar- beit der Mütter ideologisch zum Opfer überhöht.702 Aus der eben beschriebenen Mentalität resultierte eine Politik, die weib- liche Berufstätigkeit einzuschränken versuchte.703 Otto Ender hielt es für eine der Errungenschaften der Maiverfassung, die Frau der Familie „zu- rückgegeben“ zu haben.704 Deren Art. 16 („Frauen haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die Männer, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt ist“705) wurde faktisch also als gegenstandslos erklärt.706 Kurt Schuschnigg nahm die Stimmen gegen die weibliche Berufstätigkeit zum Anlass, „die frauliche Sorge, frauliche Karitas, frauliche Hilfe – und ich möchte fast sa- gen – ideales Frauentum“ davor zu bewahren, „in die verzerrten Niederun- gen des Alltagskampfs herab[zu]steigen“.707 Leopold Kunschak, der Vertreter der christlichen Arbeiterbewegung, sprach von „Hingebung“ der Frau zwecks Erhaltung der Familie als Keim- zelle der Gesellschaft.708 Er teilte nicht die liberale Auffassung von der Familie als „Kerker der Frau“, die sich auch der Kapitalismus zu Eigen gemacht habe. Dass nunmehr [sc. 1937, E. K.] fast die Hälfte aller Beschäf- tigten Frauen seien, könne „nur als in jeder Hinsicht unnatürlich und unge- sund bezeichnet werden“709, als „sendungswidrig“ und dem staatlichen und gesellschaftlichen Interesse nicht dienend.710 Kunschak bezog sich hierbei nicht allein auf die Mütter, sondern auch auf die unverheirateten Frauen, die, soweit berufstätig, den Männern Arbeitsplätze wegnähmen.711 700 dollfuss an österreich, 193. 701 thir, Frauengestalten 2, 293. 702 bandhauer-schöffmann, Mutteropfer, 61–64; bandhauer-schöffmann, Männerstaat, 271– 273; Grafeneder, Arbeiterfamilie, 74 und 77; hauch, Vom Androzentrismus, 361. 703 Diesbezüglich stellvertretend für viele: H. schmitZ, Die berufsständische Ordnung, 10 f. 704 Kraus, „Volksvertreter“, 181; seliGer, Scheinparlamentarismus, 223. 705 die neue österreichische verfassunG, 37; diamant, Katholiken, 244. 706 Dies gestanden selbst systemnahe Kommentatoren ein; froehlich, Die Verfassung 1934, 60; zu den daraus sich ergebenden gesetzlichen Möglichkeiten vgl. PutscheK, Ständische Verfassung, 20. 707 K. schuschniGG, Österreichs Erneuerung, 173. 708 KunschaK, Frauenfrage, 17; vgl. ennsmann, Frauenpolitik, 7 und 196; erneGGer, Staatliche Sozialpolitik, 149; Grafeneder, Arbeiterfamilie, 77. 709 KunschaK, Frauenfrage, 27 f. 710 KunschaK, Frauenfrage, 37. 711 KunschaK, Frauenfrage, 41; vgl. Grantl, Arbeitsschlacht, 8; senft, Im Vorfeld, 67. 6.6 DIE FAMILIE 367
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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