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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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mayer waren in dieser Frage ebenfalls sehr streng: Der Pädagoge diagnosti- zierte „seelische Verarmung der Menschen“752, der Philosoph und Soziologe legte der außer Haus arbeitenden Frau Gewinnsucht zur Last, die den Lohn dem Sittengesetz überordne.753 Von protestantischer Seite kamen weniger explizite Stellungnahmen zu diesem Thema, implizit lassen aber auch Erich Stoekls Äußerungen einen weltanschaulichen Gleichklang erkennen.754 Guido Zernatto führte später, hierbei mit Wohlwollen an den Ständestaat zurückdenkend, die vor allem im begüterten Mittelstand beobachtete „Angst vor dem Kind“ auf simple Bequemlichkeit zurück.755 Der konservativ-libe- rale Ökonom Wilhelm Röpke nannte die fehlende Bereitschaft, Kinder in die Welt zu setzen, ein „Ausweichen vor dem Leben mit seinen Bindungen, Här- ten, Pflichten und Risiken“.756 Die Politik der dreißiger Jahre schloss unverheiratet zusammenlebende Personen von jeglicher Förderung aus757, prämierte hingegen Mütter mit mindestens drei Kindern.758 Ein Antrag von Frauenvereinen auf Einrichtung einer Hauswirtschaftskammer wurde allerdings abgelehnt.759 Bereits 1931 hatte Bartholomäus Fiala in der Reihe der von ihm konzipierten Stände- kammern als eine besonders wichtige „die Kammer des Hausstandes“ ge- nannt, „bei der jene Personen inkorporiert sind, die eine selbständige Haus- wirtschaft führen. Es wird diese Kammer geradezu zu einer Frauenkammer werden“.760 Auch Oskar von Hohenbruck zeigte Verständnis für den Wunsch, einen Berufsstand der Hausfrauen zu gründen, weil „Hausfrauenschaft“ für ihn alle Merkmale eines Berufs hatte und er allenthalben „Hausfrauenstolz“ wahrnehme. Letztendlich hatte für ihn aber der Gedanke der Dominanz des männlichen Familienoberhaupts, von dem alle anderen Familienmitglieder abhängig seien, Vorrang.761 Geradezu empört vermerkte Hermann Stipek, dass „ein so gewiegter Staatsrechtler wie Merkl“ die Schaffung eines Berufs- stands der Hausfrauen für möglich halte.762 752 hörburGer, Geschichte, 147. 753 K. luGmayer, Leos Lösung, 67. 754 stoeKl, Die evangelische Kirche, 16. 755 Zernatto, Die Wahrheit, 88. 756 habermann, Das Maß, 150. 757 ennsmann, Frauenpolitik, 29. 758 bandhauer-schöffmann, Mutteropfer, 69; ennsmann, Frauenpolitik, 27 f.; Grafeneder, Ar- beiterfamilie, 70. 759 bandhauer-schöffmann, Männerstaat, 255; ennsmann, Frauenpolitik, 11 und 30–32; Juffin- Ger, Politischer Katholizismus, 96; Kirchmayr, Frauenpolitik, 53–57; senft, Im Vorfeld, 67. 760 fiala, Die berufständische Organisation, 6. 761 v. hohenbrucK, Zur Frage, 9 f. 762 stiPeK, Das Werden, 20; vgl. hauch, Vom Androzentrismus, 364; tálos, Herrschaftssystem (2013),126 f. 6. STANDESBEWUSSTSEIN372
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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