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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Zur Erläuterung sei auf Anton Klotz verwiesen: Unter dem Einfluss des Liberalismus habe sich der Einzelne an die Stelle Gottes gesetzt; als er dies „in der Gruppe“ getan habe, sei der Nationalismus entstanden.807 Die MSchKP setzte übersteigerten Individualismus mit überlautem Nationalis- mus gleich; daher sei der „westlerische Staatsgedanke“, der derzeit (sc. 1936, E. K.) eindringe, keine Bereicherung.808 Aus diesen Äußerungen spricht die von Andreas Posch unterstrichene naturrechtliche Komponente der Nation und der daraus abgeleitete hohe ethische Anspruch: „Der Nationsgedanke gewann nur Kraft, wenn er in den Dienst anderer Ideen trat.“809 Eine solche Idee erhielt Österreich in der 1914 veröffentlichten Abhand- lung Das österreichische Problem von Friedrich Wilhelm Foerster eindring- lich erläutert. Ehe dieser Gelehrte seinen Abschied von Österreich nahm, um auf eine Münchner Lehrkanzel überzuwechseln810, wollte er den Eliten dieses Landes den hohen Wert der slawisch-germanischen Kulturgemein- schaft eindringlich ans Herz legen und sie vor einer einseitigen Ausrichtung auf Deutschland warnen.811 Die zum ständischen Gedanken bestehenden Af- finitäten zeigt die Prämisse, die er den Kernaussagen voranstellte: „Politiker sollte man immer nur diejenigen nennen, die sich mit der Einordnung eines Teiles in ein Ganzes beschäftigen und in diesem Geiste denken – reden – handeln.“812 Die Nation war für Foerster ein hoher Wert, aber die „nationa- len Individualitäten“ müssten begreifen, dass auch „die Herstellung wahrer kultureller Gemeinschaft zwischen den verschiedenen Rassen (!)“ erforder- lich sei.813 Das „österreichische Problem“ nannte er den „Boden, auf dem zwei große Probleme in vorbildlicher Weise gelöst werden könnten: „Sicherung der nationalen Selbständigkeiten und zugleich Übung in nationaler Entselb- stung, zielbewusste Einordnung der Nationalitäten in ein höheres organisa- torisches Prinzip“.814 Klar tritt der Nexus von Nation und Stand auch in den 1932 veröffent- lichten Ansichten Kurt Tramplers zur Krise des Nationalstaates hervor. Eine zentrale Forderung war die Befreiung der nationalen Gemeinschaft vom Staat; innerhalb einer „staatsfreien Sphäre“ sollten organisierte nati- onale Gemeinschaften als „Nationalstände“ die Möglichkeit erhalten, ihre Interessen wahrzunehmen: „An die Stelle der nationalstaatlichen Theorie 807 KlotZ, Sturm, 18. 808 MSchKP 1, 206–210 (A. PilZ). 809 NR 13. 3. 1926 (A. Posch). 810 seefried, Reich, 159 f. und 168. 811 hoscheK, Friedrich Wilhelm Foerster, 91–93; KuGler, Die frühe Diagnose, 129. 812 foerster, Das österreichische Problem, 8. 813 foerster, Das österreichische Problem, 18. 814 foerster, Das österreichische Problem, 22 f. 6. STANDESBEWUSSTSEIN378
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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